Ich lebe allein. Das ist okay so, aber während einer Pandemie nicht einfach. Während des ersten Lockdowns in Österreich wurde nicht bedacht, dass auch alleinlebende Menschen Bezugspersonen haben.
Bei diesem zweiten Lockdown wurde schon vor der obligatorischen Pressekonferenz ein Thema in den Tageszeitungen behandelt, worauf ich zuvor in jedem Bericht vergeblich gewartet habe. Der Besuch von einzelnen wichtigen Besuchspersonen sei laut Stand am Samstagvormittag möglich. Offenbar ist irgendjemandem, der an der neuen Verordnung gearbeitet hat, eingefallen, dass nicht alle verheiratet sind und / oder in einem Mehrgenerationenhaushalt leben.
Diese Vorinformationen lasen sich so, als könnte ich Kontaktpersonen einzeln besuchen. Also verschiedene Leute, aber eben nicht auf einmal. Da habe ich gedacht, super, ich kann abwechselnd meine Freundin, meine Mutter und meinen Vater besuchen. Doch zu früh gefreut. Ein bisschen Aufregung muss so eine groß angekündigte Pressekonferenz schon bieten.
Überraschenderweise war dann auch bei der Pressekonferenz eines der ersten Themen der Besuch von haushaltsexternen Bezugspersonen. Doch ein paar Stunden nach der schriftlichen Vorinformation, am Samstagabend, wurde die Verordnung wieder anders ausgelegt. Man solle lediglich eine einzelne Person besuchen, nicht abwechselnd verschiedene Leute. Gut, dann würde ich mich eben auf meine Freundin beschränken. Und man solle diese eine Person definieren. Na, das ist ja interessant.
Wie definiere ich denn meine Quarantäne-Gefährtin? Gibt es dazu ein Formular? Soll ich ein Mail an das Gesundheitsministerium schreiben? Werden jetzt Archive für die Verwaltung von Kontaktpersonen-Daten eingerichtet? Ganz zu schweigen davon, dass die Frage, ob der Besuch von Lebenspartnern im Nachbarland weiterhin erlaubt ist, erneut umgangen wurde.
Einen Tag später, am Sonntag, gab es dann eine Richtigstellung der Regierung zum Thema Bezugspersonen. Dass man nur eine Person während des gesamten Lockdowns besuchen darf, sei falsch. Richtig sei, dass abwechselnd einzelne wichtige Kontaktpersonen besucht werden dürfen, wenn man allein lebt. Bezugspersonen zu sehen gilt immer noch als ein Grundbedürfnis. Da kann ich mich ja glücklich schätzen.
Der Haken daran: Ich dürfe nur Kontaktpersonen besuchen, mit denen ich mehrmals pro Woche physischen Kontakt habe. Na, wer hat sich das denn einfallen lassen? Wenn ich mehrmals die Woche physischen Kontakt zu meiner Freundin hätte, dann wohl, wenn sie bei mir leben würde. Die Krux mit wichtigen Personen, die nicht im selben Haushalt leben, ist nun einmal, dass man sie nicht andauernd sieht.
Dass Einpersonenhaushalte erstmals explizit miteinbezogen wurden, macht mein Leben nicht einfacher. Dabei könnte es so simpel sein. Ich wünsche mir doch nur eines. Nämlich, dass nicht regelmäßig infrage gestellt wird, ob ich die eine Frau, die ich liebe, sehen darf.
© Angelika Jungwirth 2020-11-17