by Eva-und-Till
Ja, man sagt, dass es keine unersetzlichen Menschen gibt. Wahrscheinlich stimmt das, wenn es um erfahrene Mitarbeiter eines großen Logistikunternehmens geht. Aber das ist in der Liebe sicher ganz anders.
Gerade jetzt sitze ich in einem Flugzeug und tippe dies in unsere auf dem iPhone geteilten Notizen. So beginnt unsere Geschichte vor 2,5 Jahren mit einer Instagram-Nachricht. Nach zahlreichen Konversationen, die einem Ping-Pong Spiel glichen, kam dann Tills Frage: “Auf welche Art von Typen stehst du?“. Darauf hatte ich ein leises Gefühl von Misstrauen, aber spürte gleichzeitig eine angenehme Verlegenheit. Solche Fragen stellt man nicht einfach so. Trotzdem mochte ich ihn schon damals. Aber aus einem bestimmten Grund konnte ich mein Interesse nicht zeigen und in Bewunderung schwärmen. Deshalb habe ich erst trocken gescherzt und die Frage irgendwann später beantwortet. An diese Nachricht erinnern wir uns immer noch.
Wir sprachen sogar über das Heiraten und malten uns bereits eine gemeinsame Zukunft aus. Es war ein bisschen zu Deutsch für mich, um einer Hochzeit zuzustimmen. In meinem Land ist die Tradition eines Heiratsantrages wichtig. Trotzdem gab es irgendwie Romantik zwischen uns. Wir haben uns nie getroffen und doch hat Till einen Anzug und Schuhe für die Hochzeit gekauft. Ich habe zwei Brautkleider besorgt: eins für die Zeremonie und eins für einen Urlaub auf Bali. Unsere Gefühle zueinander haben uns in eine Fantasiewelt teleportiert, in der wir bereits viele Jahre zusammengelebt haben. Mit unseren gemeinsamen Plänen und Gedanken waren wir schon viel weiter als in der realen Welt.
Dann war es so weit. Nachdem die Pläne unseres ersten Treffens wegen Corona geplatzt waren, unternahmen wir einen zweiten Versuch. Die Pandemie machte unser Treffen schwer und wir sahen als unseren einzigen Ausweg die Flucht in die Türkei. Es sollte auf jeden Fall klappen – ich wollte keinen weiteren Tag ohne Till verbringen. Das Aufregendste daran war, dass ich noch nie in meinem Leben seine Hand gehalten hatte. Mein Flug aus Moskau war gerade abgeflogen. Mein Körper wusste, was vor sich geht, aber mein Verstand nicht. Mein Kopf hielt das Treffen für unmöglich, aber es passierte – es war unglaublich. Vielen Gedanken rasten durch meinen Kopf. Wie wird seine Reaktion sein, wenn er mich das erste Mal sieht? Ist er wirklich so groß wie er erzählt hat? Wie riecht er? Wie fühlt es sich an seine Hand zu halten? Er war immer für mich da und jetzt wird er auch für mich da sein. Aber ist es im echten Leben genauso gut wie im Internet? Wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir zusammenhalten, egal was kommt.
Eins hat mir Till gezeigt: die Unersetzlichkeit echter Liebe. Dafür sollte man alles tun, auch wenn es einfachere Wege gibt, einen Lebenspartner zu finden. Aber einen den man liebt? Egal wie groß die Distanz ist und welche Hürden damit zusammenhängen.
© Eva-und-Till 2021-04-11