Dieses verdammte Griffelbein

MrsSensitive

by MrsSensitive

Story

Nun ja, wer die vorherige Geschichte gelesen hat, weiß Bescheid über das Dilemma.

Corona und Druse beherrschen den Stall. Um Gino fit zu halten und sein Immunsystem zu stärken, waren wir brav ausreiten und er bekam jeden Tag kiloweise Äpfel und Karotten.

Irgendwann bekam Gino einen harten Knubbel an der Innenseite seines linken Vorderbeines. Weil er nicht lahmte und sonst keine Schmerzen hatte, machten wir fleißig weiter mit unserem Programm. Es konnte keine schlechte Idee sein, denn der Drusevirus hatte uns noch nicht erwischt. Bald wurde der Knubbel aber mächtig groß und ich kontaktierte doch den Tierarzt, um es abklären zu lassen. Dieser machte ein Röntgenbild und dann war es offiziell.

Gino musste sich letzten Sommer das Griffelbein gebrochen haben. Der Knubbel der entstand, war eine Reaktion des Knochens. Er wächst, wenn die Knochenhaut verletzt ist und bei der Heilung zu viel Belastung darauf kommt. Man nennt es auch Überbein. Dieses Überbein ist so lange harmlos, bis es an der Sehne reibt. Dann beginnt Gino Schmerzen zu haben und man muss es entfernen. Das Griffelbein war sowas wie der Mittelhandknochen, als die Pferde noch Zehen hatten. Später entwickelten sich die Zehen zu einem Huf und dieser Knochen blieb übrig, ist also total unnötig.

Nun verhinderte die Druse, dass wir den Stall verlassen durften. Drei Wochen Organisation waren nötig um einen Pferdehänger (der danach desinfiziert werden musste), einen Fahrer (mein Vater, der sich Urlaub nahm) und einen Termin in der Klinik (zu Beginn auf der Isolationstation) zu bekommen. Dann ging es endlich los. Um 7 Uhr Morgens verluden wir Gino, um ihn in die Klinik zu bringen. Dort kam er auf die Isolation, damit sie eine Luftsackspülung machen konnten. Dieser Test war zum Glück negativ, also konnte er bald auf die Chirurgie. Da wurden noch viele Röntgenbilder gemacht. 3 Tage darauf wurde er unter Vollnarkose operiert. Dabei nahm man ihm den Teil des Griffelbeins mit dem Überbein raus.

Am Tag bevor ich ihn wieder nach Hause holen wollte, meldete sich die Tierärztin um mir zu erklären, das Gino an Herzausfällen und Herzrasen litt und sie ihn noch bei sich behalten wollten. Die Ärztin klang sehr ernst und ich war mir sicher, dass er dort sterben würde, wenn er nicht Heim kam. Also holte ich ihn mit der Überzeugung, dass er Heimweh hatte und sonst an gebrochenem Herzen sterben würde. In der Klinik erkannte ich ihn kaum wieder. Er sah so klein und grau aus. Ganz zart. Vom Arzt wurde mir nochmal der Ernst der Lage geschildert. Mir war klar, sollte er sterben, müsse es daheim passieren. Die Heimfahrt verlief gut und in seiner Box angekommen sah er plötzlich wieder aus wie mein Gino. Nun wird er jeden Tag geputzt und verwöhnt. Bald werden die Nähte der Wunde gezogen, dann dürfen wir wieder ein wenig spazieren. Wir werden laufend seinen Puls messen und den Umgang an seine Bedürfnisse anpassen. Gino darf in Zukunft leisten, was er von sich aus möchte und muss nichts mehr.

Er wird sehr geliebt.

© MrsSensitive 2021-04-07