Dorgi Liebende und Dorgi Hassende (1)

Constantin Tartarone

by Constantin Tartarone

Story

Es wäre wohl das Klügste, den Einstieg meiner Erzählung mit der ganz gewissen Erklärung zu beginnen, die begründet, wie ein pelziges, kleines, dickes und vierpfotiges Wesen mit meiner eigenen, kleinen Schwester in Zusammenhang steht. Ganz einfach gesagt, so komisch und morbid, vielleicht schwachsinnig, absurd, makaber, es klingen mag, sind „pelziges, kleines, etwas dickes und vierpfotiges Wesen“ und „eigene, kleine Schwester“ nicht zwei verschiedene Dinge, sondern ein und dasselbe. Mein Hund ist meine kleine Schwester und ihr Geschmack in andere Hunde, Artgenossen unterschiedlichster Erscheinung, ist nicht nur für meine Mutter fragwürdig.

Meine kleine Schwester bezeichnet ein weiteres Mitglied der Gattung der sogenannten „Dorgis“, nicht Corgi, nicht Dachshund (also Dackel), aber eine Mischung aus beidem. Als sie zu uns gekommen ist, war sie dünn, danach wurde sie dick. Als sie zu ihrem Vorbesitzer gekommen ist, hatte sie bereits ihre wohlbekannte Narbe an einer ihrer vier Pfoten, die uns ein Stück weit über ihre Vergangenheit informiert, davor war sie noch kerngesund gewesen. Irgendetwas muss in der Zeit zwischen Vorvorbesitzer und Vorbesitzer vorgefallen sein, dass zu einem Unfall und einer daraus resultierenden Verletzung geführt hatte. Die Frage um die genaue Herkunft der Narbe ergibt sich als unlösbares Mysterium, auf dessen Grund wohl nie gestoßen werden kann, solange die nötigen Indizien und Hinweise wegbleiben. Bis dahin kann sich ausschließlich an eine einzige Tatsache geklammert werden, die vielleicht den Urgrund der Verletzung erläutert: der Hass ihrerseits gegenüber großen, schwarzen Hunden.

Ein Bellen bleibt nie fern, wenn einer dieser gewaltigen Hunde in dunklen Farben an ihr vorbeilatscht, in den meisten Fällen nicht einmal knurrt oder eine andere Bemerkung von sich gibt, bloß schaut und schlichtweg Hund ist. War es also ein großer, schwarzer Hund, der ihr weh getan und sich somit bei ihr unbeliebt gemacht hat, so ist es möglicherweise, wenn man sich nun weit, weit aus dem Fenster lehnt, plausibel, warum sie sich derart in ihr komplettes Gegenteil verguckt hat: kleine, weiße Hunde. Maltaeser.

Es ist schwer zu sagen, wann ihre Obsession mit Maltesern begann, es könnte genauso gut sein, dass sie schon immer einen versteckten Faible für das weiße Farbspektrum der Hundewelt gehabt und sich erst jetzt dazu befunden hat, ihre Präferenz voll und ganz zu präsentieren. Jedenfalls beschäftigt sie die sonst so trägen Spaziergänge seit Neuem mit dem Nähesuchen der Maltaeser. Oftmals trifft sie auf eben solche, spielt mit ihnen, macht die üblichen Dinge, die Hunde in der gemeinsamen Gesellschaft so tun. Vor nicht all zu langer Zeit begegnete sie zwei ihrer Lieblinge und wollte diese gerade beschnuppern und sich mit ihnen bekannt machen, als sich die beiden, ohne zu zögern, von ihr abwandten und sie ignorierten. Meine Mutter war mindestens genauso gekränkt wie sie! Arme Tochter!

© Constantin Tartarone 2023-02-10

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