Drachenhaut

Alina Malinova

by Alina Malinova

Story

Nicht zeigen, dass du traurig bist. Stark sein.

Ist deshalb auch uns eine dicke Drachenhaut gewachsen? Uns zu schützen vor der ‘bösen’ Welt dort draußen? Hartzumachen. So hart wie du es immer warst unter deiner eigentlich doch so weichen Hülle, die du nicht zeigtest, zeigen wolltest, durftest … und mir doch so wunderbar oft nicht verhehltest. Flüchtige Lichtfetzen, die sich für Sekunden durch dicke Wolkenwände kämpften, kurz aufblinkten, um sogleich wieder in trüb-dunklem Graulicht zu verschwinden. Wenn du mich für einen kurzen Augenblick vor allen im KUMU in den Arm nahmst, kurz festhieltest, hugtest eine Sekunde, zwei, drei, um mich sogleich wieder roh von dir zu stoßen. Als hätte ich dir weh getan, weh tun wollen. Nicht nur damals, als ich dich überredet hatte, gemeinsam ins Museum zu gehen. Und du zustimmtest, obwohl du doch eigentlich mit Kunst so wenig wie gar nichts anfangen konntest. Deiner Mara halt wegen. Und ich habe nicht verstanden. Oder nur falsch und nicht richtig. Wir hätten doch auch anderes tun können. Ganz gleich, auch wenn Fußball oder Basketball und Skaten eher weniger mein Lieblingsnachmittag gewesen wäre. Also eine Alternative suchen für uns beide. Finden. Handball zum Beispiel, Schwimmen, gemeinsame Filmabende nicht nur in Wintertagen. Ist das Liebe? Vielleicht …Wie oft waren wir ganz nah zusammen. (Und das nicht nur räumlich, wenn wir unter einer Decke nach Wärme suchten.) Wie oft haben wir … Ja, sicher hätte jeder andere Mensch auf der Welt gewusst, dass uns wohl nur noch ein winzig kleiner Schritt fehlte, unsere Flügel auszuspannen … Nur wir nicht! Und so mussten auch solche Momente in Belanglosigkeit münden. Alltag. Ganz so, als wären wir uns gleichgültig beide. Symbiose. Nichts weiter. Ein Denkfehler? Oder mehr. Hänsel und Gretl könnten doch auch niemals einander Freund und Freundin werden. Extrafamiliär meine ich. Sogar auf der Straße. Seltsam, und so musste es mir zur Liebeserklärung werden, von dir vier oder fünf Treppenstufen hinuntergestoßen zu werden, nachdem wir zuvor minutenlang wortlos auf einer dunklen Hinterhoftreppe gesessen hatten … Es war uns beiden so viel und nicht in Worte zu fassen. Wir konnten es nicht. Drachenhaut. Oder gerade deswegen. Und so sind wir beide uns wohl immer nur ungleiche Geschwister geblieben, die einander viel zu oft zur Hölle wurden und sich doch blind zu verstehen schienen. Vertrauten. Mehr nicht. Auch wenn wir beide tief in uns von anderem träumten. Vanja-Marina. Verflogene Augenblicke … Drachenhaut. Auch dies mag so stimmen. Seltsam, vielleicht ist daher ausgerechnet dieses drachenhautlose andere Mädchen zwischen uns zu deiner Rettung geworden. Auch wenn es immer noch wehtut. Sehr weh.

Erinnerungen, die bleiben, wachsen, brennen, um verschwindend immer wiederzukehren. Weil es jetzt zu spät ist uns beiden. Vielleicht … sind sie doch ein Teil meiner selbst geworden. Und das ist gut so. Sicherlich …




© Alina Malinova 2025-03-14

Genres
Novels & Stories
Moods
Emotional, Reflektierend
Hashtags