Dre

icey

by icey

Story

Dre (ich vermute, sein richtiger Name ist Andre) war praktisch mein Nachbar. Er lebte ebenfalls in der Carrer de Petrixtol, jedoch fünf Hausnummern weiter von mir entfernt. Wir hatten uns bereits zuvor am Strand zusammen mit Mara gesehen, wo er mit Freunden Beachvolleyball spielte. Er und Mara kannten sich durch ein Tinder-Match, hatten aber bisher nur einmal zusammen Kaffee getrunken. Als er erfuhr, dass wir ebenfalls in der gleichen Straße wohnten, lud er uns beide zum Essen bei sich zu Hause ein. Es würden mehrere Freunde vorbeischauen und wir wären herzlich eingeladen. Das nannte ich mal brasilianische Gastfreundschaft!

Dre kam ursprünglich aus São Paulo und lebte seit einem Jahr in Barcelona. Mir war bis dahin nicht bekannt, dass so viele Brasilianer in dieser Stadt lebten. Dre war in der Werbebranche tätig und arbeitete hinter der Kamera für die Aufnahme von Werbespots. Praktisch eine andere Art von Künstler. Es gab sie einfach an jeder Ecke hier. Sogar mein Nachbar von der gegenüberliegenden Terrasse, Felipe, war Brasilianer. Er arbeitete ebenfalls in der Medienbranche.

Pünktlich um fünf vor acht gingen Mara und ich mit einer Flasche Rotwein los und waren über pünktlich auf die deutsche Art bei Dre. Als wir eintraten begrüßte er uns entschuldigend mit einem Handtuch um die Hüften, dass er noch eben mal schnell duschen müsse. Mara spielte mit der Katze, während ich ans Fenster trat. Es war einfach zu schön anzusehen.Die Carrer de Petritxol war zwar eine kleine Straße, aber sie bat von den richtigen Winkeln die schönsten Anblicke.

Wie aus einem Vogue Magazin kam Dre mit seinen nassen wasserstoffblond gefärbten Haaren und einem komplett weißen Outfit bestehend aus Leinenhose- und Hemd zurück. Dank des durchscheinenden Stoffes sah man die gut trainierten Bauchmuskeln. Sein sonnengeküsster Teint wirkte durch das weiß umso dunkler. Ich konnte schon verstehen, warum Mara ihn kennenlernen wollte. Aber ich sollte noch einem anderen Brasilianer begegnen.

Im Verlauf des Abends kamen nach und nach seine spanische Mitbewohnerin und um die vier brasilianischen Freunde. Caíque hatte sofort ein Auge auf Mara geworfen, aber sie hatte nur Augen für Dre. Wir aßen und tranken gemeinsam die selbst gekochten Spaghetti Bolognese und genossen die ausgelassene Stimmung. Später spielte Dre auf der Gitarre brasilianische Lieder, die Mara und ich nicht mitsingen konnten. Ich kam mir vor wie bei einem Abend bei „Friends“, nur in der portugiesischen Fassung.

Zum Schluss stiegen wir auf die Dachterasse und kletterten über mehrere Dächer bis wir die perfekte Sicht auf den Sonnenuntergang hatten. Barcelona färbte sich rosarot. Ein perfekter Abend ging zu Ende.

Es war mein einziges Treffen mit Dre und dennoch unvergesslich. Hin und wieder sah ich ihn zufällig am Plaça del Pi und wir grüßten uns freundlich. Auch wenn wir uns kaum kannten, gab er mir ein Gefühl von zu Hause. Schon erstaunlich, was fremde Menschen in uns auslösen können.

© icey 2022-08-30

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