Du musst aufstehen, Lilly.“ Stöhnend ziehe ich mir die Decke über den Kopf und drehe mich in Richtung Wand. „Lilly.“ Die Stimme meiner Mutter klingt besorgt. Sie kommt in Richtung meines Betts und entzieht mir dann mit einem Ruck meine Wärme. Ein unerkennbares Murmeln ist zu hören, als ich meinen Kopf in die Matratze drücke. Um dem gleißendem Licht zu entkommen, der den Morgen ankündigt. Einen Morgen, der weitere Stunden voller Schmerz und eine Inversion in meinem Arm bedeutet. Die Übelkeit macht sich jetzt schon langsam breit und zwingt mich aus dem Bett. Aus meiner Welt der Sicherheit in die Arme meiner Mutter. Die mich skeptisch mustert. Die mir ansieht, dass die ersten Schritte des Tages ins Bad führen, aber nicht, um mich, wie jeder andere Teenager, zu schminken und die Haare zu machen. Ihre Hände legen sich auf mein Gesicht. Sie sind kühl auf meiner Haut und lassen meine Übelkeit langsam schwinden. Ich schmiege mich in ihre Arme und genieße die Normalität dieser Berührung. Als die Übelkeit wie eine Welle über mir zusammenbricht. Mit der einen Hand auf meinem Magen und der anderen über meinem Mund haste ich ins Badezimmer. Sodass die Tür ins Schloss fällt.
Ein dauerhaftes Piepen liegt in der Luft, während er neben mir auf dem Bett sitzt und mir behutsam über den Rücken streichelt. Während ich versuche, mein Mittagessen in mir zu behalten. „Du solltest gehen.“ Meine Stimme ist brüchig und ist nicht mehr als ein Krächzen. Sein Mund ist so nah an meinem Nacken, dass ich seinen Atem spüren kann, der mir eine Gänsehaut über den Körper schickt. Er beugt sich leicht vor, sodass er mir direkt in die Augen schaut, in denen Tränen schwimmen. „Ich gehe nirgendwo hin.“ Seine Stimme ist bloß ein Flüstern, fühlt sich aber an, als ob man mir all die Last von den Schultern genommen hätte. „Dein Krebs kann mich mal.“ Er hat es ausgesprochen, das Wort, das aus den Mündern der Ärzte kommt, wen ich bei ihnen bin.
Das Wort, das mein ganzes Leben aus den Fugen gerissen hat.
Krebs, eine Diagnose, die Tausende von Menschen jährlich trifft.
So viele Leute lassen ihr Leben bei so einer Diagnose kaputtgehen.
So viele verlieren ihr Leben durch so eine Diagnose.
© Isabella Souza Furtner 2022-08-28