by Marta Lyk
Weißt du, ich habe dich nie wirklich geliebt. Nicht so, wie man einen Menschen liebt. Aber ich brauchte dich – wie ein Schatten das Licht braucht, um überhaupt zu existieren. Ich brauchte dein Strahlen, deine Wärme, deine stille Art, zu hoffen, selbst wenn alles in dir schrie, dass es falsch ist. Ich brauchte deine Unsicherheit, deine Fragen, dein Zögern – weil sie mich größer machten. Weil ich spüren wollte, dass ich Macht habe.
Dass ich dich führen kann, formen kann, beugen kann – wie Ton in meinen Händen.
Ich stellte mich über dich, nicht aus Stärke, sondern aus Angst, dass du mir sonst zeigen würdest, wer ich wirklich bin: ein leerer Raum, verkleidet als Mann.
Und weißt du was? Du hast es mir erlaubt. Wieder und wieder. Du hast geglaubt, dass irgendwo in mir ein guter Kern schläft – eingeschlossen unter all dem Schweigen, der Kälte, der Wut.
Du hast gehofft, du könntest ihn wecken.
Du hast dich klein gemacht, damit ich bedeutend wirken konnte.
Du hast an dir gezweifelt, damit ich mich bestätigt fühlte.
Du hast dich selbst verloren, damit ich mich nicht verlassen fühlte.
Ich habe dich benutzt –
für ein Gefühl von Wichtigkeit, für einen Selbstwert, den ich nie gelernt habe zu tragen.
Und jedes Mal, wenn du gegangen bist, habe ich meine Waffen gezückt:
Sanfte Worte wie Nebel. Geständnisse, die nie Wahrheit waren. Tränen, die aus Kalkül flossen.
Denn ohne dich – war ich nichts.
Ein Kind in der Hülle eines Erwachsenen, verzweifelt auf der Suche nach Kontrolle.
Aber das durfte ich dir nie zeigen.
Also habe ich dich zerlegt. Nicht laut, nicht plötzlich, sondern langsam – tröpfchenweise.
Ich zog dir Stück für Stück dein Spiegelbild ab, bis du dich selbst nicht mehr erkannt hast.
Und jetzt?
Jetzt sehe ich dich gehen. Stark. Klar. Wissend.
Und das tut weh –
nicht, weil ich dich liebe, sondern weil du mich durchschaut hast. Weil ich nicht mehr Macht über dich habe. Weil ich zurückbleibe mit dem, was ich immer war: Ein Echo ohne Ursprung. Ein leeres Versprechen.
© Marta Lyk 2025-06-19