Ein Ort, den ich sehr gerne betrete, hin und wieder zieht es mich dorthin. Hier finde ich Ruhe, bin in Gedanken versunken und halte Andacht. Was ist mein Weg, wo gehe ich hin, wo ist mein Ziel, was war meines Lebens Sinn? Wo komme ich her, welche Aufgaben werden mich noch erwarten?
1840 – 1900 war der 1. Friedhof hier, die 1. Beisetzung war im Jahre 1840 und die letzte wurde 1940 durchgeführt, obwohl ein Grabkreuz von 1953 existiert. Gemeinsam schlummern sie dort ganz still und einsam an ihrem letzten erreichten Ziel, die in dieser Zeit angeschwemmt wurden von der Donau, egal ob freiwillig oder nicht. Draußen am Namenlosen Friedhof sind sie vereint – nächst Albern – bis zum jüngsten Tag.
Eine eigentümliche Stimmung herrscht hier, auf manchen Gräbern liegen Blumen zur Zier, die letzte Ruhestätte für viele ohne Namen, die in den kühlen Fluten ihr Leben ließen. Auf einem Grabstein kann man z.B. lesen: “Ertrunken durch fremde Hand am 1. Juni 1904 im 11. Lebensjahr”, auf einem weiteren steht nur “Sepperl”. Der Sepperl bekommt von mir jedes Mal ein paar Blümchen. Schmucklose Gräber, auch ohne Grabstein oft, hie und da findet sich ein Blumengruß. Umwuchert von Efeu manche Namen sind, gar manches wüsste zu erzählen der Wind. Hinter dem Alberner Hafen ganz versteckt habe ich den Namenlosen Friedhof entdeckt. Einfache Metallkreuze die Gräber zieren, stille Trauer verspürte ich dort beim Spazieren.
Mit einfachen, namenlosen Metallkreuzen geschmückt ist manchem dort die Ruhestätte geglückt.
“Unbekannt” oder “namenlos” steht geschrieben, sie alle waren einmal Teil der Gesellschaft.
Immer wieder hatten Überschwemmungen und Eisstöße den Friedhof beschädigt seinerzeit,
bis dann ein Hochwasserschutz gebaut wurde und Herr Kardinal Erzbischof Dr. Theodor Innitzer
am 9.10.1935 bereit war, die Einsegnungskapelle zu weihen. Herr Josef Fuchs hat den Friedhof bis zu seinem Tode betreut und seine Nachkommen kümmern sich nach wie vor um diesen mystischen friedvollen Ort. Herr Fuchs war der ehrenamtliche Totengräber bis 1996 und was den Besucher heute noch erfreut, seiner Initiative ist es zu verdanken, dass auf den Gräbern schlichte eiserne Kreuze mit weißen bzw. silbernen Christusfiguren angebracht wurden. 1987 wurde die Kapelle nochmals restauriert. Mit Ehrfurcht betrete ich jedes Mal diese Stätte. In Filmen wurde der Friedhof sogar beschrieben und einige Autoren verfassten über ihn zahlreiche Bücher. Am 1. Sonntag nach Allerheiligen wird der ertrunkenen Opfer gedacht, die dort begraben sind, es sollen an die 104 Wasserleichen sein. Ein Floss mit Blumen, Kränzen und brennenden Kerzen wird zu Wasser gelassen bis in die Mitte des Flusses und die Kränze etc. der Donau übergeben. Auf dem Floss befindet sich auch der symbolische Grabstein mit der Inschrift: “Den Opfern der Donau” und diese Zeremonie wird auch jedes Mal von einer Musikkapelle begleitet. Des Öfteren war ich bei dieser Zeremonie ebenfalls schon dabei.
© agnes thinschmidt 2021-03-04