Ein Ösi in der Pfalz

„Ick bin eenfach icke.“ A. erklärt mir gerade, wie Authentisch-Sein geht. Die Berlinerin hat es ja auch leicht. Menschen, die original in Berlin geboren sind, sind per se cool. Noch dazu A. mit ihrem breiten Grinsen und den knackigen Jeans. Alle lieben sie. „Früher hab‘ ick mich jeschämt, Berlinerin zu sein“, nuschelt sie fröhlich. „Aber jetzt nisch mehr. Ick rede so, wie ick rede. Wenn mich eena nich vasteht, soll er halt fragen.“ Haha! Wenn ICH so rede wie da, wo ich herkomme, dann fallen die Rheinland-Pfälzer vor Lachen alle tot um.

Ich bin hier nicht authentisch, ich habe mich assimiliert. So gut, dass manche kaum glauben können, dass ich Österreicherin bin. Was? Ein Ösi? Das hört man ja gar nicht. Da muss ich nicht erst Rheinisch schwedze oder Pälzisch babble. Kein „isch geh mo en de Küsche“, kein „geen mer‘n Kaffe trinke“, kein „guggemol“, kein „Alla Hopp“. Nein. Ich spreche einfach Hochdeutsch. Das kauft mir jeder ab. Ein Ösi in der Pfalz. Wo gibt’s denn sowas.

Die erste Woche am Theater, lauter freundliche Gesichter, neugierig auf die Neue. Die Schneiderei ist im vierten Stock, da muss ich gleich mal hin. Mit rotem Gesicht begrüßt mich die Herrengewandmeisterin, gestresst, aber trotzdem herzlich. Komisch, die klingt ganz anders als die anderen hier. So nach Tennengau. Wo das ist, das können die pfälzischen Kolleginnen und Kollegen nur raten. Wir beide aber wissen es – Oberalm und Elsbethen sind ja nur ein paar Kilometer voneinander entfernt. Und wir versprechen einander, uns regelmäßig Leckerlis aus der alten Heimat mitzubringen. Paar Mozartkugeln, ich die im Silberpapier, sie die goldenen. „Du konnst do übrigns redn wia daham, de do vastengan di trotzdem. Die redn jo söba so komisch. Brauchst di net schoma. De san des gwohnt vo mia.“ Lacht und tätschelt mir die Schulter. Ja, ich glaube es. Trotzdem schaffe ich es nicht. Wie schon die Jahre zuvor am Rhein, bringe ich auch in der Pfalz kein österreichisches Wort über die Lippen. Kein Semmerl und kein Rindsfaschiertes. Keine Deka und kein Grüßgott. Mit dem Authentisch-Sein habe ich es einfach nicht so. Ich tarne mich lieber. Wie C., die nette Requisiteurin aus der Steiermark. Ganz leise flüstern wir immer miteinander im Flur in „unserer“ Sprache. Wie ein Geheimcode ist das.

Ob uns die Pfälzer tatsächlich verstehen würden? Nun ja, welche Sprache würde ein Volk nicht verstehen, das so spricht: „Pälzisch isch die Schbrooch, wu unna onnrem in de Palz geredd werd.“ „Die Daitsch Sprooch (kurz: Daitsch) is e germanische Sprooch. Sie geheert zum weschtliche Zwaig vun de germanische Schbrooche. Die hochdaitsch Standardschbrooch (Standarddaitsch) is e Weltsprooch.“ Ah jo.

(Quelle: Wikipedia auf Pfälzisch)