Gut gelaunt schlendere ich durch die StraĂen der wolkenverhangenen Stadt. Vereinzelt fallen Regentropfen herab und bearbeiten den Asphalt. Gelegentlich trifft auch mich einer. Ich blicke hoch. Die Tropfen schicken sich an, die Wettervorhersage zu bestĂ€tigen. Die EinzelgĂ€nger scheinen nur die Vorhut einer riesigen Armee zu sein. Sie sondieren die Lage und bereiten alles fĂŒr den angekĂŒndigten Niederschlag an. Nur wenige Minuten wohl, vielleicht eine halbe Stunde, dann treffen die Kumpanen der Vorhut ein und bestĂŒrmen, ĂŒberschĂŒtten die Stadt. Ein Tag im August istâs, der beregnet werden soll.
Der guten Laune tun diese DrohgebĂ€rden keinen Abbruch. Wozu auch. Ich habâ grad alles, was ich brauche: Urlaub, Zeit, einen wunderbaren Menschen an meiner Seite, ⊠. Das Wetter spielt da eine untergeordnete, ganz unwichtige Rolle. Zudem liebâ ichâs, im Regen zu spazieren.
Ich nehmâ ein Hauseck ins Visier, um das ich biegen möchte â und meine Beine folgen dem Blick. Im Gehen schweift mein Blick weiter, ĂŒber die Fassaden, die Auslagen, die Fenster in dieser StraĂe, in der von Touristen heute gern frequentierten Stadt. Meine Augen bleiben an einigen riesigen Buchstaben hĂ€ngen, die mitten auf einem Haus, ĂŒber zwei Fenstern, thronen. Ganz ohne mein Zutun bringt mein Gehirn die fĂŒnf losen Buchstaben in Verbindung und gibt ihnen eine Bedeutung.
Zu Beginn zwei Vokale und dann ein Zischlaut. Ein Sibilant, wie ich spĂ€ter erfahren sollte. Ich stutze, bin leicht irritiert. Echt jetzt? Steht das wirklich da, in groĂen Lettern, oder spielen mir meine Augen einen Streich? Ich reibe meine Augen, putze meine zugegebenermaĂen leicht benebelte Brille, blicke wieder hin. UnverĂ€ndert. Ich habâ mich nicht verlesen.
âOASCHâ steht da geschrieben, unverkennbar, weithin sichtbar. Irrtum ausgeschlossen. Laut und deutlich, richtig schreiend, Aufmerksamkeit auf sich ziehend.
Wer, bitte schön, schreibt so was auf sein Haus drauf? Und vor allem: Warum? Mitten in der Stadt? Ein Zeichen der Unzufriedenheit mit der Welt da drauĂen? Bewusste Provokation? Ein Statement um des Statements willen?
Meine EntrĂŒstung tobt sich noch aus, mein Erstaunen ĂŒberwindet alle Grenzen, da tauchen unvermittelt drei weitere Buchstaben auf â ein Konsonant und zwei Vokale â, die den Oasch in die Zange nehmen, ihn ins richtige Licht und damit zurecht rĂŒcken, ihm eine ganz andere Bedeutung verpassen.
So, als hĂ€tte den Verfasser bei Betrachtung seines Werks der Schreck gepackt und er das ihm spontan entfahrene âUi!â schnell dazugefrimmelt. Und weil selbst zu viele Laute keinen guten Klang erzeugen noch einen Mitlaut vorangestellt.
Ich grinse. Ja, das macht schon mehr Sinn. Doch bezweifle ich, dass so viel Lokalkolorit, dass so starker Dialekt Touristen anlockt und das GeschĂ€ft ankurbelt. Andererseits â das Angebot des Ladens richtet sich bei nĂ€herer Ăberlegung doch wohl eher an Einheimische. Ein Tourist wird hier wohl kaum seine Ausbildung absolvieren â in da FOASCHUI.
© Andreas Trimmel 2021-09-20