Ein ruhiger Hund

Hedwig Kromer

by Hedwig Kromer

Story
Falkenstein im Weinviertel

Auf dem Bild ist der Hund meiner Schwester zu sehen. Von Arca, einer Schönheit von einem Alaskan Malamute, handelt die Story. Diese große Schlittenhündin ist schwarz mit weißer Zeichnung. Ihr dickes Fell muss beim zweimal jährlichen Fellwechsel wahre Berge an Deckhaar und Unterwolle liefern. Schon bei unserer Hündin Taps war zu Beginn des Frühjahrs und dann wieder im Herbst alle paar Tage Bürsten angesagt. Hätte ich die angefallene weiche Unterwolle versponnen und anschließend verstrickt, wären etliche Pullover möglich gewesen. Welche Haarmengen müssen bei der viel größeren Arca anfallen. Deren dunkelbraune Augen strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Ihre Besitzerin würde gerne so viele Komplimente einheimsen wie der Hund, doch in so einem Fall ist das Schicksal hart. Arcas Familie besucht gelegentlich Freunde in Falkenstein, mit denen sie jedes Mal eine schöne große Runde gehen. Da trägt Arca ihre buschige Rute hocherhoben und freut sich über die Abwechslung. Ab und zu wird die Hündin abgeleint und darf frei mitlaufen. Meist klappt das ganz gut, leider nicht immer.Einmal lief Arca fort und war nicht mehr wiederzufinden. Die ganze Familie rückte zur Suche aus. Kein Rufen nützte, niemand hatte sie gesehen. Betrübt kehren sie zu ihren Freunden zurück. Am späteren Abend kam ein Anruf herein. Er erfolgte von den uns gegenüber wohnenden Nachbarn. Arca war in deren Hühnerstall eingebrochen und hatte alle Gockis erlegt. 70 Stück! In dem winzigen finsteren Stall waren jährlich Masthühner aufgezogen worden, doch diesmal erreichten sie das gewünschte Schlachtalter nicht. Flüchten konnten die Hühner nicht und solange sich etwas bewegte, biß die Hündin zu.

Unsere Hündin Taps war eine gute Jägerin, aber sie durfte nur Mäuse erlegen. Alles andere war strengstens “Pfui!”. Wenn ein Reh oder ein Fasan vor ihrer Nase erschrocken das Weite suchte, wusste sie, dass sie sich hinzusetzen hatte, bis zum Kommando: “Geh vor!” Anfangs musste ich das “Sitz!” sehr, sehr laut ausrufen (brüllen trifft es eher), doch sie lernte schnell. Deshalb durfte sie mich bei der Weinlese begleiten. Sie blieb auch verlässlich in meiner Nähe. Sie nutzte ihre Freiheit und schnüffelte allenthalben nach Mäusen und buddelte mit Begeisterung Löcher in den Boden. Außerdem sammelte sie von allen Mitarbeitern reichlichst Streicheleinheiten ein. Obwohl…. Einmal, noch halbwüchsig, erwischte sie, während ich fleißig Trauben abschnitt, einen jungen Feldhasen. Himmel, war mir das peinlich! So stolz war Taps, aber ich musste sie schimpfen. Wie ist mir das schwergefallen! Doch so etwas durfte sie sich nicht angewöhnen. Am Ende des Arbeitstages versteckte ich Taps’ Beute unter meiner Jacke und ging mit ihr zu Fuß nach Hause. Da wir daheim Fleischkaninchen hielten, konnte ich den Hasen routiniert häuten und ausnehmen. Ich denke, der Tatbestand des Wilderns wird verjährt sein. Jedenfalls war das Ragout ausgezeichnet….

Etwas anderes kann Arca kein bisschen aus der Ruhe bringen: die Silvesterknallerei. Da hätte unsere Taps viel von ihr lernen können!




© Hedwig Kromer 2025-07-08

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