Ein Tag in der Zukunft

Ich sehe von meinem Laptop auf. Mein Blick gleitet an den Regalen voller Geschichten vorbei durch das hohe Fenster. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht.

Vor dem Haupthaus im Schatten der Birken stehen Kinder an Staffeleien, um mit Pinseln und Fingern Eulen aufs Papier zu bringen. Immer wieder quietscht eines der Kinder fröhlich auf, wenn sich mal wieder eine der Laufenten auf der Suche nach etwas Fressbarem zwischen den Staffeleien verirrt.

Der Hof ist erfüllt vom regen Treiben zweier Familien, die emsig wie die Bienen Dekorationen aus ihren Autos in die große Festscheune tragen. Sie waren fleißig. Das letzte Mal, als ich mich von der Arbeit gelöst habe, hingen weder die großen Lampions mit den Federn von der Decke noch die vielen Lichterketten oder Wimpel-Girlanden. Auf den Tischen haben sich bereits spitzenbesetzte Windlichter zwischen den Vasen mit Margariten und Kornblumen ausgebreitet. Wenn ich das Brautpaar sehe, wie es immer wieder innehält und sich verliebt in die Augen sieht, muss ich an unsere eigene Hochzeit zurückdenken.

Was für ein wunderschöner Tag. Der erste Tag, der warm genug ist, dass selbst ich mich trauen würde, mehr als meine Zehenspitzen ins Wasser zu strecken. Das Wasser, auf dem sich nachts das Meer an Sternen spiegelt, glitzert unter den warmen Strahlen der tiefstehenden Frühlingssonne. Um das Standup Paddle-Board, das ein Herrchen und seinen Hund kreuz und quer über den See fährt, breiten sich kreisförmig kleine Wellen aus.

Vor einem der Wohnwagons, die den See umgeben, planscht ein Baby vergnügt mit seinem Papa im Wasser. Mama ist mit den beiden größeren Kindern auf unserem Wikinger-Schiff im Sandmeer und hält wilde Piraten vom Entern ab.

Von den Obstbaumwiesen trägt der Wind das Blöken der Schafherde herüber, die sich munter über das hohe Gras hermacht. Sie sind derartig laut, dass die Leiterin des Permakultur-Seminars heute Abend wahrscheinlich wieder heiser sein wird, weil sie gegen die Schafe ansprechen musste. Heute ist das Setzen der Tomaten und des Basilikums unter den Weinreben an der Reihe.

Wie ich mich auf die Tomaten aus unserem Garten freue. Mein Magen beginnt zu knurren. Da freut sich wohl noch jemand auf Essen, auf Abendessen. Am Abend vor einer Hochzeit gibt es bei uns traditionell ein veganes Grillbüfett mit pflanzlichem Fleisch, Würstchen und Käse, mit marinierten Gemüsespießen, Maiskolben und Rosmarinkartoffeln, mit verschiedenen Salaten, Stockbrot und Soßen mit Kräutern aus dem eigenen Garten.

Mit einem letzten Gedanken an das gemütliche Zusammensitzen am Lagerfeuer am Sternensee unter dem Sternenmeer wende ich mich wieder meiner Arbeit zu.

(Juni 2025)