NatĂĽrlich kann ich mich an den Tichy erinnern! Als Kind war ein Wienbesuch mit einem Tichy-Besuch verbunden. Und an die Menschenmassen davor! Aber was fĂĽr ein Vanilleeis!
Und als ich keine Luft bekam und die Allergien überhand nahmen, war der nächste Fixpunkt das Allergieambulatorium am Reumannplatz. Ich erhielt dort einmal wöchentlich eine Spritze unter die Haut im Rahmen der „Hyposensibilisierung“. Als ich davon Fieber bekam, teilte man die Spritze auf zwei Portionen auf. Dann war ich 16-jähriger Marchfelder eben zwei mal die Woche mit Fieber im Zehnten. Doch meinem Asthma war das egal.
So musste ich Arzt werden.
Nach Medizinstudium und Turnus im Spital hatte ich die Vision, einen Job in einem Bad zu finden, täglich zu Schwimmen, um meine Lungen zu trainieren und daneben als Musiker zu leben. DAS nämlich war meine Berufung. Und tatsächlich, es gab diesen Job: im physikalischen Institut im vierten Stock des Amalienbades, wiederum am Reumannplatz. Neun selige Jahre verbrachte ich dort. Doch leider zwang mich eine Patientin, die ich erfolgreich und verbotener Weise akupunktiert hatte, bereits nach einem Jahr, eine eigene Praxis zu eröffnen: gegenüber dem Amalienbad. Ein paar Jahre Glück waren mir hier geschenkt. Dann verliebte sich mein Hausvermieter in meine Freundin, eine Favoritnerin, und ich musste weg. Ich fand auf Anhieb eine wunderbare Altbauwohnung in der Hasengasse, natürlich in Favoriten. Die Wohnung beherbergte meine Praxis und unsere kleine Familie mit neugeborenem Daniel, bis wir ein Kleingartenhäuschen am Laaer Berg, natürlich in Favoriten, fanden. Ich durfte nun jeden Tag zu Fuß zusammen mit meinem Hund Findus von unserem Häuschen beim Böhmischen Prater bis in die Hasengasse gehen und dabei immer neue Gebiete des 10. Bezirks kennenlernen. Am Wochenende war ich mit den Kindern dann meist im Böhmischen Prater, und da ich bald alle kannte, teilweise auch als Patienten, durften die Kinder gratis hüpfen und fahren und schaukeln. Paradiesische Zeiten!
Die Buchpräsentation meines ersten Buches fand sehr erfolgreich im Yamaha-Saal, natĂĽrlich in Favoriten, statt. Unsere Hochzeit feierten wir ĂĽbrigens in der Antonskirche, dem venezianischen Ziegelbau ĂĽber dem Reumannplatz. Die Scheidung war dann schon in Mattersburg …
Fast 30 Jahre war ich mit dem zehnten Bezirk verbunden, habe die Favoritner als Arzt behandelt und als Freund begleitet, habe mit meiner Familie glückliche Jahre verlebt. Die Leute aus dem Gemeindebau habe ich mit meiner Chinesischen Medizin GRATIS behandelt. So sehr wollte ich diese wunderbare Medizin unter die Leute bekommen, unter die „normalen“, nicht die „abgehobenen“. „Chinesische Medizin für alle!“, mein Motto damals, mein Motto heute. Darum Favoriten, nicht Hietzing, nicht die Innere Stadt. Heute noch pilgern Patienten von damals zu uns ins Burgenland. Heute noch bin ich, der Neoburgenländer, im Herzen mit dem Zehnten tief verbunden.
Und bald wieder Tichy, oder ..?
© Georg Weidinger 2020-03-07