Entfreundet

PoeSy

by PoeSy

Story

Vielleicht kennt ihr das auch, dass eine lange Freundschaft ohne triftigen Grund zu Ende geht. Mir ist in diesen Tagen klar geworden, dass eine jahrzehntelange Freundschaft wohl auseinandergehen muss! Meine Freundin und ich haben uns – wie man so schön sagt – auseinandergelebt! Schon seit einiger Zeit bemerke ich das Schweigen zwischen uns, weil wir einander nicht verletzen möchten. Unsere Gespräche sind selten, oberflächlich und inhaltslos geworden!

Seit mehr als 30 Jahren verbindet, besser verband uns sehr viel! Wir lernten uns am Arbeitsplatz kennen und mochten uns auf Anhieb. In vielen Bereichen waren wir auf einer Welle, konnten über denselben Blödsinn lachen und uns über die gleichen Themen aufregen! Räumlich viele Kilometer voneinander entfernt, trafen wir uns zwar selten, telefonierten allerdings sehr oft, und das stundenlang!

Vor wenigen Jahren veränderten wir uns offensichtlich – jede in eine andere Richtung! FrĂĽher waren wir einer Meinung, dass wir Menschen etwas tun mĂĽssen fĂĽr Umwelt, Klima und Menschlichkeit. Ich habe irgendwann begonnen, mich mehr dafĂĽr einzusetzen. Anfangs war sie begeistert von meinem Engagement, freute sich, dass ich ehrenamtliche FlĂĽchtlingshelferin wurde, Deutschkurse und UnterstĂĽtzung in vielen Bereichen gab. Nach einiger Zeit meinte sie, dass sie mit allem nichts mehr “am Hut” habe. Ich war enttäuscht, akzeptierte jedoch ihre Einstellung.

Als es in meinem Leben ruhiger wurde, begann ich mich wieder mehr dem Schreiben zu widmen – auch darĂĽber hat sie sich zu Beginn mit mir gefreut. Später sagte sie mir, dass sie mit meinen Texten nichts anzufangen wĂĽsste, sie wĂĽrde mich in meiner Lyrik nicht wieder erkennen – und versteht meine Worte nicht! Gut, auch damit konnte ich leben, denn ĂĽber Geschmack lässt sich nicht streiten! Sie konnte jedoch immer weniger mit mir und meiner “Schreiberei” anfangen, vor allem mit meinen durchaus auch sehr kritischen Texten. Je öfter ich mit meinen Worten “wachzurĂĽtteln” versuche, umso öfter beschwichtigt sie die Probleme unserer Erde und meint, ich sei zu fanatisch! Wir bewegten uns langsam voneinander weg. Vielleicht regt sich bei ihr auch schlechtes Gewissen, weil sie mindestens 5x im Jahr irgendwohin fliegt, um Urlaub zu machen? Ich sehe solches Verhalten sehr kritisch, während sie meint, dass schon noch irgendwas passieren wird, und alles fĂĽr unser Klima (von selbst) wieder gut werden wĂĽrde… In solchen Gesprächen entsteht zwischen uns ein Vakuum, das nicht mehr zu fĂĽllen ist! Ihre Worte: “Davon verstehe ich nichts. Ich habe damit nichts zu tun, und kann eh nichts tun, also kann ich dazu auch nichts sagen!”, lassen mich wort- und verständnislos zurĂĽck! Noch vor ein paar Jahren war sie ganz anderer Meinung! Wenn wir dann in eine unverfängliche Gesprächsebene abdriften, weiĂź ich: “Das sind nicht mehr wir beide!”

Als wir vorgestern unser Telefonat beendeten, belanglos floskelnd, spĂĽrte ich, dass es vorbei ist! Und es tut weh! Da war viele Jahrzehnte so Vieles, das wir gemeinsam teilten, einander anvertrauten und miteinander getragen haben! Sie war Teil meines Lebens! Es ist fast ein bisschen wie Liebeskummer – ich fĂĽhle mich enttäuscht zurĂĽckgelassen.

© PoeSy 2025-07-04

Genres
Novels & Stories
Moods
Emotional, Reflektierend