Es tut mir leid!

Vorsicht beim “Anlesen”, eine Story über Fußball, ist das überhaupt interessant? Aber lest bitte trotzdem mal weiter:

Gestern ist Holstein Kiel aus der Bundesliga abgestiegen, nach einer 1:2 Heimniederlage gegen FC Freiburg. Ich war nicht dabei, und wieso sollte ich, fragt sicher der Leser, der ist doch aus dem Rheinland (und nebenbei Fan von Fortuna Düsseldorf). Also gehen wir mal schrittweise in der Zeit zurück. Am 6. Mai 2017, vor ziemlich genau 8 Jahren war ich im Holstein-Stadion, Kiel gewann gegen Hansa Rostock 2:1 und stieg von der 3. in die 2 Liga auf. Warum war ich überhaupt, zum ersten und bisher einzigen Mal, bei einem Fußballspiel in Kiel, mein letztes davor war noch im Maracana in Rio de Janeiro.

Vordergründig, mein Sohn Rick wohnt in Kiel, ich besuche ihn gern, aber das ist eigentlich noch kein Grund, um zum Fußball zu gehen. Also müssen wir nochmal zurück in der Zeit, dieses Mal gleich um 80 Jahre! Beim Russlandfeldzug im 2. Weltkrieg erlitt mein Vater Erfrierungen und wurde aus der Wehrmacht entlassen, zu seinem Glück, muss man wohl sagen. Von Beruf war er Ingenieur und folglich wurde er dann in der Rüstungsindustrie eingesetzt – in Kiel, wo viel für die Marine und die Flugabwehr produziert wurde.

Aber gehen wir mal mehr zum privaten Bereich, er verliebte sich gleich zweimal. Zunächst in seine neue Freundin Irene aus Kiel, aber daraus wurde auf Dauer nichts. Sie war, wie fast alle im Norden, evangelisch, und er, aus dem Rheinland, katholisch, so was war zu der damaligen Zeit nicht verträglich. Und dann seine zweite Liebe, er hatte schon in seiner Heimatstadt Düsseldorf Fußball gespielt, also meldete er sich logischerweise bei Holstein Kiel an, spielte dort in der 2. Mannschaft und als Reservist in der ersten, als rechter Verteidiger (Nummer 2) oder Mittelläufer (5).

Das war mir unbekannt, bis mein Bruder Christian, Fußballfan wie der Vater, mich darauf aufmerksam machte. Ich bestellte im Internet eine Karte für das o.g. Spiel, um meinem Vater eine späte Reverenz zu erweisen, und in dem Stadion zu sitzen, in dem er 75 Jahre zuvor Fußball gespielt hatte – das Spiel war ausverkauft! Also griff ich zum Telefon und kam nach einigen Versuchen an die Dame, die für den Kartenverkauf zuständig war, ich erzählte ihr die Geschichte meines Vaters. Sie war sehr freundlich und versprach mir, in den Annalen des Vereins nach Arno Schaake zu suchen.

Und tatsächlich, 2 Tage später rief sie zurück, das Spiel sei immer noch ausverkauft, aber sie würde den ersten freien Platz für mich reservieren. Das geschah 2 Tage später, und 2 Wochen später konnte ich mir das Ticket direkt vor dem Spiel bei ihr abholen, danke!!! Ich saß auf einem besten Tribünenplatz, und Holstein Kiel gewann und stieg auf.

Was bleibt ist, gestern war ich nicht in Kiel, ein Fehler! Wären ich und der Geist meines Vaters am Spielfeldrand präsent gewesen, hätte Kiel sicher gewonnen… Es tut mir leid!

Foto von 1944(?) mit Irene.