Morgens um spätestens 06:40 Uhr, muss ich munter sein. Denn um 07:00 Uhr gibt’s Medikamentenausgabe und gleich im Anschluss FrĂĽhstĂĽck.
Seit Anfang dieser Woche bin ich dazu “gezwungen” die halbe Portion des Essens zu essen. Bis jetzt, hab ich das Essen immer verweigern können. Deshalb bekam ich drei Mal am Tag eine Trinknahrung mit jeweils 300kcal. Nun, muss ich die Trinknahrung und die Hälfte des Essens zu essen. Folter für mich.
Während ich esse, habe ich das Gefühl, dass mich alle anstarren. Bei jedem Bissen habe ich das Gefühl mindestens 1 kg zugenommen zu haben.
Doch ich esse. Weil ich es muss. Weil ich sonst zu schwach bin. Weil ich einen extremen Haarausfall und sehr brüchige Nägel habe. Weil ich sonst sterben würde.
Der Satz “Weil ich sonst sterben würde”, macht mich ambivalent. Will ich es denn? Wirklich sterben? Ich bin mir unsicher und weiß nicht, was ich mit diesem Satz, der mir eine Krankenschwester immerwieder stellt, anfangen soll.
So gesehen, habe ich schon mehrere Gründe zu leben: meine Familie, mein Job als Kindergartenpädagogin, meine Kids auf der Arbeit, usw.
Aber alleine das Wort “Essen” löst Tränen in mir aus.
“Ich will leben, ja!” denke ich mir. Doch das Essen welches gerade vor mir steht, wiedert mich an. Ich ekele mich davor. Doch ich bin vernünftig. Schließlich bin ich schon 21 Jahre alt. Ich esse. Ich esse und versuche all den schlimmen Gedanken zu entkommen. Ob das immer klappt, das ist eine andere Geschichte.
© Hannah Weisser 2021-10-25