Ferragosto

Eva Filice

by Eva Filice

Story

Ferragosto hat in Italien eine „wichtige“ Bedeutung wie bei uns Weihnachten. Um den 15. August bemerkte ich vor allem in Rom immer wieder eine Art Ausnahmezustand. „Buon ferragosto“, entspricht unserem „Frohe Weihnachten!“

Ferragosto hat seinen Ursprung in der Zeit von Kaiser Augustus, der im Jahr 29 v. Chr. seinen Sieg über Cleopatra und Antonius feierte. 3 Tage dauerten in Rom die Festivitäten über diesen Triumph. Ab dem darauffolgenden Jahr wurde der 15. August zum Feiertag erklärt, die „feriae Augusti“. Bis heute ist der Tag ein Feiertag, der von den Christen mit „Maria Himmelfahrt“ belegt wurde.

Um den 15. August planen die meisten Italiener ihren Urlaub, sie bevorzugen das Meer und immer öfter auch die Berge. Zu dieser Zeit sind die Städte verwaist, große Betriebe und Büros sind geschlossen, nur wenige Geschäfte geöffnet. Ein Notbetrieb ermöglicht den Zurückgebliebenen eine Versorgungsmöglichkeit. In den Zeitungen wird in großen Lettern vom „esodo“, vom Auszug, geschrieben.

Wer fährt schon Mitte August in der heißesten Zeit nach Rom? Antonios Familie (Eltern, Schwester mit Mann, Sohn und Tochter) verbrachte wie viele Römer*innen diese heißeste Zeit im Küstenort Terracina. Die Wohnung der „Zwillinge“, langjährige Freundinnen, steht im Sommer zur Verfügung.

Wir wollten die freie Wohnung der Eltern benützen, um Rom ohne Römer zu erleben. Die nordseitigen Zimmer und die große Terrasse ermöglichen bei guter Lüftung auch ohne Klimaanlage einen angenehmen Aufenthalt. Allein zu zweit zu ferragosto? Das geht gar nicht! Auf Drängen der Schwiegereltern besuchten wir die Familie in Terracina am Vortag von ferragosto. Der kurze Weg zum Strand war schweißtreibend; dort war es laut, lustig und sehr italienisch, um ein Klischee zu bedienen. Schatten spenden die vielen Sonnenschirme, kein Baum in Sicht. Zu uns (8 Personen) gesellten sich über den Feiertag auch die beiden Freundinnen. Dass so viele Menschen in dieser Wohnung Platz finden, um zu nächtigen, war eine neue Erfahrung für mich. Heiß, schwül, verdunkelt und kaum Luft zum Atmen.

Am nächsten Morgen beschlossen wir die Flucht nach Rom zu ergreifen, was wenig Verständnis hervorrief. Die Wienerin ist halt keine Italienerin! In Rom herrschte wohltuende Stille und ungewöhnliche Leere. Am Abend fuhren wir mit dem Auto zum Sightseeing ins Zentrum von Rom. Das Collosseo, wunderschön beleuchtet, wurde von wenigen Tourist*innen bewundert. Der Konstantinsbogen leuchtete im hellen Schein. Im Circo Massimo picknickten einige Menschen. Wir näherten uns dem Kapitol, parkten ganz nah. Über die Treppe von Michelangelo stiegen wir zum trapezförmigen Platz bis zur Piazza del Campidoglio. Von einem Aussichtspunkt bewunderten wir das Foro Romano. Bis knapp zur Piazza Navona mit dem Auto – welch seltsames Gefühl, fast wie Verbotenes.

Das nächtliche Rom zu ferragosto nur für uns beide! Mit einer kalten Dusche auf der Terrasse kühlten wir uns für die Nacht ab.

© Eva Filice 2021-08-15

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