by Adelheiden
Das ganze Leben lang wird man gefragt. Sicher nicht in böser Absicht, aber trotzdem- es ist lästig.
Los geht es mit den Gulli Gulli Tanten „Hast du schon Zahndi?“ woraufhin man – freundliches Kind, das man ist- die zwei Hauer im Unterkiefer bleckt und somit die Tanten glücklich macht.
Gehst du schon in die Schule? Freust du dich auf die Schule? Was ist denn dein Lieblingsfach? Wer ist denn deine Frau Lehrerin? (Blöde Frage, Tante, du kennst sie eh nicht)
Peinlich wird’s dann in der Pubertät, wenn die Fragen nach dem potenziellen Freund kommen, man würd ja so gerne einen Promimillionärssohn nennen, aber leider, man ist single. Man interessiert sich ja ehrlich gesagt auch eher für Hunde.
Je älter ich wurde, desto goscherter wurden die Antworten. Auf die Frage nach meiner Zukunft und meinen Berufswünschen erwähnte ich gerne die Möglichkeit, Scheidungsgrund zu werden. Ich hatte die Intention, vielen Männern den Kopf zu verdrehen und dann, wenn der Scheidungsrichter nach dem Grund der Trennung fragt, musste mein Name angeben werden. Ich fand es damals sehr cool und progressiv, konnte meinen Traum aber nie verwirklichen. Eh besser.
So geht es das ganze Leben lang. „Bist du verheiratet? Hast du Kinder?“ Irgendwann kam die Phase, wo die Inquisitoren glaubten, trösten zu müssen.
Jetzt bin ich alt. Die Fragen reissen aber trotzdem nicht ab. „Wie lang hast denn noch?“ Was? Zu leben?
Mittlerweile weiß die Welt, dass ich in Pension geh. „Und was machst dann?“
Mit brechender Stimme antworte ich „Ich setz mich hin und wart aufs Sterben.“ Wenn der Blick richtig entsetzt ist, schwäch ich ab und geb zu, dass ich vorhabe, Groupie bei den Amigos werde. Die Stones wollten mich ja damals, als ich noch jung und knackig war, nicht.
Die Inquisition ist verstummt. Mal schauen, wie lang. Mal schauen, welche Antworten mir noch so einfallen.
© Adelheiden 2021-04-14