FRANZ

Roswitha Springschitz

by Roswitha Springschitz

Story


hörte die Wohnungstür ins Schloss fallen. Seine Frau Vera hatte sich abrupt verabschiedet, mit den nichtssagenden Worten: „Tut mir leid, ich hab’ was Wichtiges vergessen, ich muss nochmal weg. Das Abendessen ist schon vorbereitet und steht in der Küche.“ – ‘Auch recht!’, hatte Franz, der gerade mit einer Flasche Bier vor dem Fernseher saß, gedacht. ‘Aber sie hätte doch wenigstens noch das Essen hereinbringen können!’ Was immer sie da Wichtiges vergessen hatte, interessierte ihn nicht – zumal ja auch gerade ein sehr spannendes Ländermatch stattfand: 43. Spielminute und es war noch kein Tor gefallen; etliche Chancen waren nicht genutzt worden. Ärgerlich fand Franz das.


Halbzeit. Franz schaut sich in der Küche um, nach Essbarem: eine Schüssel Salat: nein danke! Zwei leere Teller, mit Besteck, standen auf dem Herd bereit: Vera war offensichtlich kurz vor dem Aufdecken gegangen. Franz holte sich eine zweite Flasche Bier aus dem Eiskasten und eine Packung Chips aus dem Schrank und begab sich wieder vor den Fernseher. Der Sportkommentator gab soeben sein Fachwissen zur ersten Halbzeit kund: kein starker Teamgeist, keine Angriffslust da, bei der heimischen Mannschaft, stellte er bedauernd fest. Das müsse sich jetzt schleunigst ändern, möglicherweise wäre es gut, den einen oder anderen Spieler auszuwechseln… Also wenn er Trainer dieser Mannschaft wäre, würde er dies machen…


„Ich geh noch in mein Tanztraining, Ciao!“ Alena, Franz’ Tochter marschierte mit diesen Worten durch’s Wohnzimmer. „Wann bist du wieder zuhause?“, fragte Franz, mehr automatisch als aus Interesse. „Ich schlaf’ heute bei Birgit!“, gab Alena zurück. „Aha.“, meinte Franz. Diese Sache betraf eher seine Frau, fand er. Einen Moment lang überlegte er, ob er Vera anrufen sollte, um sie zu fragen, ob sie von der Übernachtung wisse. Aber die würde sicher ohnehin bald heimkommen…„Tor!!!“, brüllte da der Reporter. „1:0!!!“ – „Nein, oh nein! Was ist nur mit unserem Tormann los?“


Währenddessen war Alena mit dem Fahrrad an den Fluss geradelt, um sich mit ihren Freundinnen zu treffen: Sie wollten es einmal so richtig krachen lassen, hatten sie vor. Birgit, Carla und Alice erwarteten bereits. Alena stellte ihr Rad ab. aus dem Augenwinkell sah sie, in einiger Entfernung, flussabwärts, eine Frau am Ufer sitzen: Die sah ihrer Mutter ähnlich, dachte sie. Verblüffend ähnlich. Aber ihre Mutter war doch zuhause – oder nicht? Was sollte sie da allein am Fluss machen?




© Roswitha Springschitz 2023-05-28

Genres
Novels & Stories
Moods
Herausfordernd, Emotional, Inspirierend
Hashtags