Frau Blockwart und Herr Adolf

Frank Naujok

by Frank Naujok

Story

Good vibes, trade love, so bin ich heute unterwegs. Aber davor gab es auch andere Zeiten. Mein Credo dieser Zeiten überschreitet den sprachlichen Rahmen dieser Seite, weshalb ich es mit einer flach von der Seite an mich herangebrachte unerwünschten Körperflüssigkeit umschreiben möchte, auf die ich eindringlich trocken von hinten reagieren werde.

Verbissen eingemeißelte Mundwinkel, ein latent vorwurfsvoller Blick, zwischen Frau Blockwart und mir war es Liebe auf den ersten Treppenabsatz. 70er Jahre Bullenschnäuzer und altgermanische Buchstaben auf dem T-Shirt unter den Hosenträgern mit Eisenkreuzmuster – als ihr Mann Herr Adolf das erste mal bemüht wichtig mit seinem Moped vor dem Haus erschien, war unser Verhältnis bereits geklärt.

Ich hatte ein Singleappartement im Erdgeschoß. Darüber wohnte ein sehr nettes ruhiges Paar, oben residierten Frau Blockwart und Herr Adolf. Die beiden lebten schon lange dort und Frau Blockwart hatte eine persönliche Beziehung zum Hausbesitzer. Sie war die Putzfrau des Hauses, die ich dafür monatlich mit einem Mietanteil von zwanzig Euro bezahlte. Aber sie zeigte sehr schnell, dass sie die Rollen “Hausbesitzer” und “Dienstleister” durcheinander brachte.

In den ersten Monaten lebte ich noch alleine. Ehepaar Blockwart-Adolf betrachtete den Gemeinschaftsgarten vor meinem Fenster als ihr privates Eigentum. Das störte mich nicht weiter, wenn ich dabei auch unnötig viel aus den Streitigkeiten der beiden mit dem Rest der Welt erfuhr. Dann zog meine neue Liebe zu mir. Zwei Tage später erhielt ich Post mit dem Vorwurf der unrechtmäßigen Nutzung der Wohnung mit zwei Personen. Ich einigte mich mit dem Besitzer freundlich auf einen Mietaufschlag.

Kurz darauf kam ein Brief, dass wir bei gewissen Tätigkeiten das Fenster schließen müssen, weil sich die Nachbarn durch gewisse Privatgeräusche gestört fühlen. Ich fragte die Nachbarn über mir, sie hatten keine Privatgeräusche gehört. Das fand ich noch amüsant. Der Brief fand einen Platz als Urkunde an der Wand über unserem Bett.

Die Wohnung war klein, der Raum knapp, weshalb mein PC im kleinen Vorraum direkt hinter der Wohnungstür stand. Eines Abends hörte ich ein Schaben an der Tür. Ich schätzte das Maß ab und schlug heftig mit der Faust dagegen. Einen Moment später hörte ich treppauf leise Schritte. Ich war zufrieden.

Doch dann nutzte meine Liebe einmal die Kehrschaufel im Keller und legte sie ein Stück neben ihren Platz. Sie war an diesem Tag krank und ging wieder in das Bett. Frau Blockwart klingelte, meine Liebe blieb liegen. Daraufhin trommelte sie mit der Faust gegen die Tür und schrie: “Ich weiß, dass sie da sind! Machen sie sofort auf!!”

Als ich das hörte, hatte ich genug und trommelte gegen Frau Blockwarts Tür. Herr Adolf stand beschützend hinter ihrem Rücken, als ich unsere Klingelregeln erklärte. Er fragte, ob ich drohen wolle. Ich sagte ihm, dass es nochmal anders aussieht, wenn ich drohe.

Danach lebten wir in Frieden miteinander.

© Frank Naujok 2020-05-31