by Klaus Hager
Homosexuelle Kaiser, Kriegsherren, Prinzessinnen und Komponisten. Wien hat alles, was das queere Herz begehrt und besticht mit einer spannenden LGBTIQ*-Geschichte wie kaum eine andere europĂ€ische Metropole. Absolutes Ass in Geschichte ist im Ăbrigen QWIEN, das Zentrum fĂŒr schwul/lesbische Kultur und Geschichte. Initiator Andreas Brunner hat u.a. maĂgeblich dazu beigetragen, dass 1996 nicht nur die erste Parade (damals in Fahrtrichtung um den Ring) sondern auch das “Festival der Verlockung vom anderen Ufer ‘Wien ist andersrumââ (wurde sogar im Parlament wegen âVerdacht der Verletzung des Pornographiegesetzes bzw. des § 220 StGBâ behandelt) stattgefunden hat.
Als 18jĂ€hriger ging ich erstmals fĂŒr den Kampf zur Gleichstellung am 29. Juni 1996 die RingstraĂe entlang. Total prĂ€gend war fĂŒr mich, diese Sichtbarkeit als Gruppe gestĂ€rkt, begleitet von einwenig Unsicherheit, aber auch viel Mut zugleich. Ich bin sehr stolz (PRIDE), Teil dieses geschichtstrĂ€chtigen Moments gewesen zu sein, ein deutliches Zeichen fĂŒr Gleichheit gesetzt zu haben, damit es kommende Generationen leichter im Leben haben. Ăbrigens: Namensgeber der inzwischen 26. Wiener Regenbogenparade war Mario Soldo. In den 1980ern als Dame Galaxis gemeinsam mit Chantal St. Germain (Ken Kruger) DIE Party-Posse unserer Stadt. Deren Kurzfilm âDrag-Attack, The Fabulous Life of Dame Galaxis & Chantal St. Germainâ unterhielt bei den Berliner Filmfestspielen 1994 – und das lange bevor Reality Doku-Soaps ĂĄ la âThe Simple Lifeâ (2003) mit Paris Hilton and Nicole Richie produziert wurden.
VisionĂ€r Gery Keszler startete 1993 den wohl glamorösesten Charity-Event fĂŒr HIV-positive und an AIDS erkrankte Menschen im Wiener Rathaus und wurde bis 2019 mit dem LIFE BALL weit ĂŒber unsere Grenzen bekannt. Am 1. Dezember 1997 (Welt-AIDS-Tag) eröffnete das Aids Hilfe Haus Wien und gilt bis heute als Symbol fĂŒr Menschlichkeit und Toleranz.
In der Diskothek U4 enthob DragQueen Miss Candy (Holger Thor) 1993 als erste Amtshandlung das âMen onlyâ der Heaven Vienna Gay Night (gegr. 1989), etablierte in den darauf folgenden Jahren das 1992 ins Leben gerufene Pendant zum Wiener Opernball, den legendĂ€ren Rosenball und krönte das Heaven zum Hotspot wo u.a. Jean-Paul Gaultier, Falco, Grace Jones, Boy Georg, Right Said Fred oder Model Marcus Schenkenberg zu Gast waren.
Unvergessen meine Begegnung mit Peter Rauhofer – europĂ€ischer Undergroundhit als âClub 69â. Insgesamt 11 Nummer-1-Hits in den Billboard Charts, Remixes u.a. fĂŒr Madonna oder Cher, âBester Remixer of the Year 1998â, âRemixer of the Year 2000â, eine Grammy-Auszeichnung fĂŒr seine Arbeit an Christina Aguileras âBeautifulâ⊠und doch hatte er seine Wurzeln in Wien. Sein typisch treibender harmonischer Vocal-House hat mich nachweislich geprĂ€gt und er wurde irgendwie mein (musikalisches) Role-Model. So viele PRIDE-Momente in meinem Leben. Und auf einmal war da DRAG – aber das ist eine andere Geschichte.
© Klaus Hager 2022-06-19