Früher hatten wir Werte, heute Sternchen

Früher hatten wir Werte. Heute bewerten wir.

Bei Christoph Sieber hörte ich diesen Satz: FRÜHER HATTEN WIR WERTE, HEUTE BEWERTEN WIR. Ich musste gleich kotzen, weil er es dermaßen auf den Punkt bringt. Du brauchst nur schwul zu sein, lesbisch, queer, irgendetwas mögen, was andere nicht mögen, eine Haltung oder eine Meinung gar haben, psychisch erkrankt zu sein, …, egal was: ES GEHT NICHT UM INHALTE, AUCH NICHT UM FRUCHTBRINGENDE DISKUSSIONEN, ES GEHT AM ENDE NUR DARUM, WUT RAUSZULASSEN UND ZU B E W E R T E N.

IMMER NUR BEWERTUNGEN:

Nicht sich selbst.
Nicht das Leben.
Nur andere.
Immer.
Sofort.
In Echtzeit.

Du bist zu laut – zack, negativ.
Zu ruhig – auch verdächtig.
Zu weich – Schwäche.
Zu stark – Gefahr.
Zu ehrlich – unbequem.
Zu verletzt – Drama.

Früher war ein Wert etwas, das man gelebt hat.
Nicht gesagt.
Nicht aufgeschrieben.
Nicht gepostet.
Ein Wert war ein innerer Kompass.
Heute ist’s ein Like.
Ein Daumen.
Ein Feedback.
Ein Algorithmus.

Wert vs. Bewertung?
Das eine kommt aus dem Herzen.
Das andere aus dem Reflex.

Werte sind innerlich.
Sie sind gewachsen.
Erfühlt.
Verkörperlicht.
Sie tragen Haltung, nicht Meinung.
Sie atmen Tiefe.
Sie verbinden.

Bewertungen dagegen sind schnell.
Sie sind Meinung statt Haltung.
Sie trennen statt zu verbinden.
Sie lassen keinen Raum –
sie greifen zu, stempeln ab,
und ordnen ein.

Ich, der Rotzlöffel, sag:
Ich will wieder WERT sein.
Nicht eingestuft.
Nicht bewertet.
Nicht geprüft.

Ich will wieder deinem DU begegnen dürfen, bevor ich entscheide, ob ich dich liken soll.
Ich will dich SPÜREN, nicht klicken. Und ja – ich bin ein frecher Sack. Aber ich hab Werte. So richtig altmodische:
Mut. Ehrlichkeit. Liebe. Fehlerfreundlichkeit. Menschlichkeit. RESPEKT.