by Jill Kolb
Kapitel Eins: Ein unerwartetes Wiedersehen
Ist etwas mit meinen Augen nicht in Ordnung? Habe ich gestern auf der Party zu viel Prosecco getrunken? Oder ist dieser junge, gutaussehende Mann mit den dunkelbraunen,leicht blonden Locken, dem sehr definierten Körper und der hellbraunen Haut wirklich der gleiche Jeremy, den ich noch aus den Tagen kenne, als ich mit meiner Familie jeden Sonntag in meiner Heimatstadt in die Kirche ging? Nein, das kann einfach nicht sein. Und wie ich schon sagte, vielleicht sieht er ihm einfach nur ähnlich, weil… Oh Mist, er hat mich gesehen. Und wenn man bedenkt, wie er mich ansieht, dieser überraschte Blick und der Ausdruck auf seinem Gesicht, der einfach schreit „Moment mal, kenne ich dich nicht von irgendwoher?“, dann muss es einfach er sein. Jeremy bahnt sich seinen Weg durch die belebte Menge hier in New York City, und alles, was ich tun kann, ist ihn anzustarren, bis er schließlich direkt vor mir steht. Mein Körper läuft auf Hochtouren. Ich kann nicht atmen. Es ist einfach unmöglich. „Nein,ernsthaft, Joyce?“, „Ja, und du musst Jeremy sein, oder?“, „Wow, nach all diesen Jahren…“ Warum redet er überhaupt mit mir? Und warum interessiert er sich überhaupt für mich? Der alte Jeremy hätte mich einfach angelächelt und wäre dann an mir vorbeigegangen, aber er scheint wirklich an diesem Gespräch interessiert zu sein. „Was machst du in New York?“ „Also,eigentlich studiere ich am Teachers College in Columbia und gehe oft nach New York, um einkaufen zu gehen oder so, weil es in der Nähe ist. Und du?“ Ich kann es nicht glauben, dass ich Smalltalk mit IHM führe. Die einzigen Male, die wir in der Kirche gesprochen haben, waren, als ich ihn fragte, ob er es peinlich fand, was ich ihm auf Instagram geschrieben habe, oder das eine Mal, als ich sagte: „Entschuldigung, kann ich bitte durch?“, oder als wir mit dem Jugendclub aus unserer Kirche im Urlaub waren und ich ihn fragte, ob er den Ausflug mochte, den wir an diesem Tag gemacht haben, oder…naja,egal,ich glaube,du weist,was ich meine. Es waren einfach irgendwelche Dinge, keine tiefgründigen Gespräche oder Flirt. Oder vielleicht ist er einfach überrascht, mich wiederzusehen, ich meine, es ist ja jetzt wie lange her, 7 Jahre? Also vielleicht, nach diesem Gespräch, werde ich ihn nie wiedersehen, und das war’s dann. „Oh, ich habe eine Ausbildung als Mechaniker gemacht und habe einen tollen Job in der Nähe von Manhattan gefunden.“ Er seufzt. „Ehrlich gesagt, es ist so überraschend, dich nach all diesen Jahren wiederzusehen“, sagte er, als könnte er meine Gedanken lesen. Das ist einfach zu viel. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen könnte, wenn er wieder in mein Leben tritt und ich wieder so tue, als ob ich ihn nicht mögen würde.Ich habe es einfach so satt.,,Also, ich glaube,ich muss jetzt gehen, muss noch etwas für die Uni vorbereiten. Aber war schön, dich wiederzusehen.“ Ich drehe mich um und will gerade weggehen. „Warte,” ,,Wo finde ich dich?“ „Was meinst du?“ „Also, wo gehst du oft hin?“ „Oh, ich hole mir eigentlich immer nach der Uni gegen 17 Uhr einen Kaffee bei Joe’s”, ,,Cool,also,vielleicht sieht man sich dann ja mal dort” Was zum Teufel bedeutet das? Will er mich sehen?Eher unwahrscheinlich , aber nur für den Fall, dass ich ihm im Café begegne,könnte ich mehr über ihn erfahren und ihn besser kennenlernen. Ich meine, ich bin wirklich interessiert daran, zu erfahren, wie es ihm so geht. „Dann,bis bald.”
© Jill Kolb 2024-11-28