Gallargues-le-Montueux – Montpellier
Ich erwache am nächsten Tag und freue mich auf den Morgen zu zweit. Der gestrige Abend hatte genug Zeit, in der wir uns etwas kennenlernen konnten. Und schon sitzen wir zum Frühstück fröhlich zusammen. Das hatte mir auf der Rhodana gefehlt, der Kontakt zu anderen Pilgern.
Claire erzählt, das sie in einem Vorort von Paris wohnt. Und sie arbeitet auch in der Schule mit Autisten, wie ich. Ihr Wohnort liegt nicht weit weg von Champigny-sur-Marne weg, der Partnerstadt von Bernau bei Berlin. Von meiner Heimatstadt Eberswalde ist es wiederum nur einige Kilometer bis Bernau. Das ist schon lustig, dass es so viele Schnittflächen gibt. Wir verstehen uns vielleicht auch deshalb sehr gut. Unser Gespräch ist lustig und ehrlich. Ich glaube, wir sprechen ein ähnlich schlechtes Englisch.
Ohne große Worte pilgern wir dann heute zusammen los, es ergibt sich einfach. Unser Tempo passt gut zusammen. Wir haben beide gute Laune, auch als wir im Gespräch vertieft, vom Wege ab kommen. Es gefällt ihr, dass ich einfach und gelassen einen anderen Weg suche, der uns zurück auf die Tolosana bringt.
Ab 11 Uhr knallt die Sonne, wir gehen zum Glück oft auf schattigen Wege, was uns freut. Claire hat ein Hotelzimmer in Baillargues gebucht, ich konnte in der Gegend nichts finden. Ich versuche es bei ihrem Hotel, rufe an. Dort ist nichts mehr frei. So suche ich mir nun eine Busverbindung nach Montpellier, ich finde eine. Und schon sind wir beide etwas traurig, dass sich unsere Wege so schnell wieder trennen werden. Mit ihr, so fühle ich, könnte ich auf dem Weg weiter pilgern.
Der Bus 21 fährt mich an den Rand von Montpellier. Einen ganzen Tag eher komme ich hier an. Ich spaziere mit offenen Augen durch die Stadt zur Herberge. Als ich am Bahnhof vorbeikomme, kaufe ich mir gleich ein Zugticket für morgen.
Auf dem Weg zu meiner Unterkunft durchquere ich viele Gassen mit Cafe’s und Restaurants. Ich checke in der Herberge ein und sitze ein wenig später in der Küche. Durch das Fenster höre ich die Großstadt, die ein nicht enden wollendes Stimmenmeer klingt.
Die Herberge ist in einem alten Gebäude mit ausgetretenen Treppenstufen und heimeliger Atmosphäre. Die Räume haben hohe Wände. Hier treffe ich drei andere Pilger, einen Franzosen, eine Belgierin und eine Kanadierin.
Das Zimmer für die männlichen Pilger ist sehr geräumig und die Betten stehen in einem großen Abstand voneinander. Die Pilgerinnen müssen durch das Zimmer durch, ihr Raum liegt dahinter. Da bin ich nun in der Pilgerherberge des Sanctuaire Saint Roch in Montpellier.
Mein Weg ist hier zu Ende. Knapp 95 km habe ich von der Via Tolosana gekostet. Sie schmeckt und ist ein toller Weg. Im nächsten Jahr möchte ich diesen Jakobsweg fortsetzen, vielleicht bis zu den Pyrenäen kommen.
© Martin Dexheimer 2024-02-29