by Rene Emkiss
Später erfuhren wir, dass auf der Insel noch russische Wissenschaftler wohnten. Es waren Physiker, die die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl überlebt haben. Da ich Physik studiert hatte, entschlossen wir sie zu besuchen. Wir bemerkten, dass die Einsiedler nicht gerne über sie sprachen. Die Griechen schienen sie nicht zu mögen. Man konnte in ihren Augen eine gewisse Verachtung und zugleich Unbehagen erkennen. Offensichtlich verstanden sie nicht ganz, was diese Wissenschaftler auf der Insel bezweckten. Auch KGB, CIA usw. erstatteten den russischen Forschern einen Besuch ab, weil sie wissen wollten, was diese auf der Insel unternahmen …
Nach der griechischen Mythologie bzw. nach Homers Odyssee, so erzählte man uns, sei Odysseus auf der Insel Gavdos von der schönen Meernymphe Calypso geliebt und einige Jahre festgehalten worden. Sie bot Odysseus Unsterblichkeit an, doch dieser wollte seine Reise unbedingt fortführen, um schließlich zu seiner Gattin Penelope zurückkehren. Erst durch den Befehl von Zeus ließ sie Odysseus schließlich frei. Die russischen Wissenschaftler dürften glauben, dass diese Mythen einen wahren Kern hätten, wo Menschen und Götter einst gemeinsam am selben Tische saßen. Sie versuchten daher Unsterblichkeit zu erlangen und sind daher aus Zeitungs-Artikel oder Dokumentation als die Unsterblichkeitssekte einem breiteren Publikum bekannt geworden. Doch von all diesen Dingen haben wir damals nichts gewusst.
Um sie näher kennen zu lernen, machten wir uns auf den Weg. Sie leben auf einem Hügel in einem Gebäude, welches wie eine Burg aussieht. Eigenartig ist, dass in einem größeren Radius zu diesem Haus kein Handyempfang gegeben ist. Schließlich klopften wir an die Tür und brachten ihnen eine Flasche Wein mit. Sie waren freundlich, was die, mit Spannung geladene Atmosphäre, jedoch noch schauriger machte.
Unsere nächste und letzte Station war wieder ein Strand; von einer großen Klippe umgeben. Es gab eine Holzhütte, die wohl als eine Gemeinschaftsküche diente, doch niemand war zu sehen. Es war heiß, wir hatten inzwischen wenig Wasser und standen seit ein paar Tagen zeitweise unter dem Einfluss des Geschenkes der ehemaligen Nachbarin. Ich glaube, ich sah eine Wassernymphe, kann es aber nicht beweisen.
Am Hafen wieder angelangt, warteten wir auf das Schiff und trafen auf ein deutsch-österreichisches Paar, welches von der Insel überwältigt war und baten uns: „Ihr dürft niemandem von dieser Insel erzählen.“; und wir wollten eigentlich nur noch weg.
© Rene Emkiss 2021-07-06