1984 maturierte unsere Tochter Karin als Letzte unserer fünf Kinder am Gymnasium Zwettl. Alle maturierten übrigens in Latein. Dieser Gegenstand zählte auch zu den Lieblingsfächern bei meiner Frau und mir.
Bevor es die Schülertransporte gab, war der Schulbesuch in Zwettl oft mühselig. Um öffentliche Verkehrsmittel benützen zu können, mussten unsere Kinder erst zu einer Bushaltestelle gebracht werden. War im Waldviertler Winter nicht immer ganz einfach!
Bei Nachmittagsunterricht war es nötig, sie von Zwettl abzuholen; immerhin auch jedes Mal 40 km! Bei Theaterbesuchen in Wien standen wir manchmal fast bis Mitternacht wartend auf dem Dreifaltigkeitsplatz.
Im Laufe der Zeit konnten wir zu den meisten Professoren ein gutes Verhältnis aufbauen, sodass es nicht verwunderlich war, dass die bestandene Matura in unserem Kellerstüberl mit den Schulkollegen und Professoren ordentlich gefeiert wurde.
Einmal nahm auch ein Zeichenlehrer teil, der gar nicht unsere Kinder unterrichtete. Offensichtlich hatte sich aber herumgesprochen, dass es bei den Zusammenkünften bei uns immer gemütlich zuging! Er schenkte mir eine tolle Bleistiftzeichnung von einem Rehbock, weil er wusste, dass ich- damals – auf die Jagd ging.
Der Musikprofessor wieder, schon etwas beschwingt, betätigte sich als Gondoliere und sang, in unserem Schlauchboot stehend, aus voller Kehle “O sole mio”!
Der gute Kontakt zum KLassenvorstand und Lateinprofessor unserer Tochter Karin führte dazu, dass wir – anlässlich unserer Silberhochzeit – an der Romreise der Klasse teilnehmen durften. Es war ein einmaliges Erlebnis!
Siebzehn Jahre dauerte es, bis endlich alle fünf Kinder die Schule verlassen konnten. So lange war ich auch Mitglied des Elternbeirates und als solches oft genug auch mit Problemen konfrontiert, mit denen sich besorgte Eltern an mich wandten. Sie wussten, dass ich die Konfrontation mit den Professoren nicht scheute, wenn es notwendig war, bei Unklarheiten zu intervenieren.
Einmal erhielt ich eine Einladung zu einer Sitzung des Elternbeirates, obwohl unsere Kinder gar nicht mehr an der Schule waren!
Offensichtlich hatte man sich in der langen Zeit meiner Zugehörigkeit schon so an mich gewöhnt, dass man glaubte , ich wäre noch immer Mitglied des Beirates.
Ich selbst besuchte übrigens auch das Gymnasium in Zwettl, allerdings nicht in der neuen Schule, sondern in einer baufälligen Baracke, in die durch die Ritzen im Winter der Schnee schon oft bis auf die Schulbänke durchdrang!
Die lange Zeit der Auseinandersetzung mit dieser Schule möchte ich trotzdem nicht missen, denn es gab viele Erkenntnisse, die auch für mich in meinem Beruf als Lehrer sehr lehrreich waren!
© Hannes Zeisler 2021-01-17