Hallo Mond!

chrissys_welt

by chrissys_welt

Story
Mitteldeutschland

Es ist 2023. Ich stehe am Küchenfenster und schaue zum Himmel hoch. Da ist alles voller Wolken. Das finde ich doof. Dabei hat Mami gesagt, es ist Vollmond. Ich weiß, was das bedeutet. Der Mond ist rund wie eine Kuller. Oder wie ein Eierkuchen. Und Papi hat mir erzählt, dass viele Menschen nicht schlafen können, wenn der Mond nachts ins Zimmer scheint. Das ist mir egal. Ich will, dass mein Rollo heute Nacht oben bleibt. Nur für den Fall, dass der Mond noch rumkommt. Denn der wandert am Himmel entlang, einmal rund ums Haus. Vielleicht morgen früh, wenn ich wach werde, ist er auf meiner Seite.

Als ich noch klein war, hat mich Mami immer auf den Arm genommen und mir den Mond gezeigt. Und meine Augen haben geleuchtet vor Begeisterung. Mal war er nur ganz schmal, mal etwas dicker. Ich fand das lustig. Mami hat gesagt, dass Menschen schon zum Mond geflogen sind. Ich will das auch. Mit einem Raumschiff auf einer Rakete. In meinem Zimmer hängen schon lange zwei große Poster. Die hat Mami bestellt. Auf dem einen ist der Mond mit ganz viel Schrift zu sehen. Da wird erklärt, was es auf dem Mond alles zu sehen gibt und was da so los ist. Das andere Poster zeigt nur den Mond. Das hängt so an der Wand, dass am Tage die Sonne darauf scheinen kann. Wenn es dann dunkel ist, leuchtet das Poster. Ich vergesse immer, es mir anzuschauen, weil ich meist schon schlafe. Und die Plüschfreunde erinnern mich auch nicht daran.

An meiner Zimmertür gibt es noch ein Poster von Matthias Maurer. Das ist ein Astronaut aus Deutschland. Der war noch nicht auf dem Mond, aber trotzdem schon im Weltall auf einer Raumstation. Wenn ich lieb bin, zeigt mir Mami auf ihrem Minicomputer ab und an kleine Filmchen von ihm. Oder das Lied “Major Tom”, von Chris Hadfield. Zu Weihnachten hat sie mir das Buch geschenkt, das Matthias Maurer geschrieben hat über seine Erlebnisse auf der Raumstation. Daraus liest sie mir oft etwas vor, als Gute-Nacht-Geschichte. Und ich habe sein T-Shirt, “Cosmic Kuss” steht drauf. Mami hat sogar mal seine Mailadresse geknackt und für mich eine Postkarte besorgt. Die hängt jetzt am Kühlschrank, mit meinem Namen. Mein erstes Autogramm-Foto.

Zu meinem letzten Geburtstag sind wir alle ins Weltraum-Museum gefahren, nach Morgenröthe-Rautenkranz. Mami und Papi haben mir das als Überraschung geschenkt. Da bin ich aus dem Staunen gar nicht mehr herausgekommen. Und ich durfte mir ein paar Andenken aussuchen aus dem Shop. Das war so schön dort, dass wir in ein paar Jahren nochmal hinfahren. Mami hat es versprochen. Solange baue ich mit meinem Lego Raumschiffe und Raketen und für Papi die Enterprise. Papi mag die Enterprise. Mami sagt, wenn ich in der Schule war und immer gesund bleibe, kann ich auch eines Tages zum Mond fliegen. Dann bin ich ein Astronaut wie Matthias Maurer. Ich bin ja schon groß, aber Mami meint, das reicht noch nicht. Ich bin erst vier und muss noch weiter wachsen. Bis es so weit ist, begrüße ich jeden Morgen den Mond und sage ihm jeden Abend “Gute Nacht”. Natürlich nur, wenn er sich zeigt und ich ihn sehen kann, meinen Mond.


© chrissys_welt 2024-02-24

Genres
Novels & Stories
Moods
Emotional, Hoffnungsvoll, Unbeschwert