Hallstatt ohne den Widerhall tausender asiatischer Touristenfüße – wie das wohl ist? Die Frage kommt mir nach dem frühmorgendlichen Schwimmen im See in den Sinn und schreit förmlich nach Antwort. Einer dieser Hundstage mit über 30° C und ich habe frei. Also kurble ich mal den Tourismus an.
Zuvor kurble ich noch eine Stunde am Lenkrad, H.v.G singt „Heast as ned“ und dann liegt er vor mir, der Sehnsuchtsort so vieler Menschen. Dienstag vormittags kein Problem, einen Parkplatz zu finden. Viele Besuche, oft blieb es beim Vorbeifahren. Scheue nicht die Menschen, scheue die Massen!
Ich nehme die Standseilbahn hinauf auf den Salzberg, wo ich noch nie war. Friedhofsruhe (kein Wunder, ich stehe auf einem Gräberfeld). Begehbares Schaugrab, Barbarakapelle, Surbecken, Knappenhaus und Rudolfsturm. Menschen in bunter Knappentracht verschwinden im Kaiserin-Christina-Stollen, geschlagen 1719.
Bei der alten Schmiede arbeiten junge Archäologen der Uni Wien an Ausgrabungen, waschen uralte Holzteile, sortieren, bewerten, archivieren. Von der Aussichtsplattform „Welterbeblick“ geniesse ich den Ausblick auf den fjordartigen See, die Berge und das weit unten auf seinem Schwemmkegel thronende Hallstatt.
Hinunter auf dem alten Pfad, auf dem die Salzweiber früher die Salzbrocken auf Kraxen zu Tal brachten. Auf halber Höhe der Franz-Josefs-Stollen. Früher wurde hier der Abraum mit Loren herausgebracht und in den Mühlbach gekippt. Salz für die Menschen, taubes Gestein für den See.
Ein Gitter vor dem Loch. Der kühle Atem des Berges strömt aus den labyrinthartigen Salzstollen. Wohltuend und unheimlich zugleich. Kein Mundgeruch. Eröffnet 1856 im Beisein der kaiserlichen Majestäten, die sich ja bekanntlich recht gerne in dieser Region aufgehalten haben. Gott erhalt’s, unser Salz.
Unten im Ort ist im Corona-Sommer erstaunlich viel los. Ohne Asiaten. Anstatt aus dem Fernen Osten kommen sie nun aus dem näheren Osten, sprich Osteuropa. Ich gehe einmal durch, fotografiere und kaufe mir Getränke und Essen. Mit Sonnenbrille, Panamahut und MNS gehe ich als typischer Tourist durch, der ich ja auch bin.
Im Halbdunkel der evang. Kirche (bei Ausflügen besuche ich gerne die Kirche, wegen der kontemplativen Stimmung und der Kühle) erschrecke ich fast: tatsächlich, da sitzt ein asiatisches Ehepaar mit ihrer halbwüchsigen Tochter in einer der hinteren Sitzreihen, alle maskiert. Das junge Mädchen nickt mir zu und ich zurück. Ja, es gibt sie noch, die Asiaten in Hallstatt!
Ich schlendere zurück und verlasse so plötzlich, wie ich gekommen bin, diesen „merk“würdigen Ort. Ich war 4,5 h da und somit länger als der durchschnittliche Gast aus Asien. Sorge nicht angebracht, der Tourismus boomt noch immer/schon wieder. 9 € Parkticket, 18 € Standseilbahn (Fahrzeit 2 min, Talfahrt hätte ich nicht gebraucht), Essen, Trinken und WC. Ich habe der lokalen Wirtschaft ordentlich geholfen und mir selbst ein Bad im arschkalten Hallstättersee verdient!
© Klaus P. Achleitner 2020-07-29