Im Sommer 1985 beschlossen wir, meine Freundin Irene, ihr damaliger Freund Robert, mein damaliger Freund und nunmehriger Ehemann Klaus und ich, im Sommer nach Griechenland zu fahren. Damals war es durchaus üblich, diese lange Strecke mit dem Auto zurückzulegen. Da Klaus sich einen alten VW-Bus, der sogar recht flott aussah, zu eigen gemacht hatte, stand dem gemeinsamen Abenteuer nichts mehr im Wege. Voll motiviert und natürlich auch voll bepackt starteten wir das Unternehmen. Doch zwischen Zagreb und Belgrad, einer Distanz von ziemlich genau 300 Kilometern, sank das Stimmungsbarometer deutlich. Wir hatten das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen. Als sich dann jedoch der Morgen näherte, und wir schon im Süden des damaligen Jugoslawiens angelangt waren, fanden wir wieder zu unserem Urlaubsgefühl zurück. Die Landschaft hatte sich sehr verändert, wir waren dem ersehnten Griechenland schon nahe. Ein Wermutstropfen waren die Autobahnraststätten, die vollkommen überfüllt waren mit den heimkehrenden Gastarbeitern und natürlich nicht unbedingt unseren hygienischen Ansprüchen genügten.
Skopje, Nis ließen wir hinter uns, bis wir gegen Abend nach Saloniki kamen. Einem einheimischen Motorradfahrer, der uns durch die Stadt lotste, verdankten wir es, den Weg Richtung Küste eingeschlagen zu haben. So erreichten wir nach 24 Stunden Autofahrt einen schönen Campingplatz im Norden Griechenlands, wo wir drei Tage den Sandstrand und das blaue Meer genossen.
Doch mich, als frischgebackene Geschichtelehrerin, zog es nach Athen, um der Antike zu begegnen. Es kostete mich alle meine Überredungskünste, die anderen zu überzeugen, unsere Zelte hier abzubrechen und weiter in den Süden zu starten. Unterwegs übernachteten wir einmal in der freien Natur und wurden am nächsten Morgen von neugierigen Ziegen geweckt.
Am Abend erreichten wir in Cap Sounion , einige Kilometer außerhalb von Athen, einen kleinen Campingplatz, der auf Felsen errichtet wurde. Mir erschien es dort, als wäre es das Ende der Welt, ein kleines Paradies, dem Himmel und der Sonne sehr nahe. Gleich am ersten Tag wurden wir von einem schon etwas älteren Polen als Willkommenstrunk zu einem Gläschen Ouzo eingeladen.
Um baden zu gehen, musste man zwei Meter in das kühle türkisfarbene Wasser springen und konnte dann in das herrliche Meer eintauchen.
Schon am nächsten Tag lernten wir zwei junge deutsche Studenten kennen, die mit dem PKW von Karlsruhe bis Athen gelangt sind. Abends saßen wir gemeinsam mit ihnen in der kleinen Taverne und erzählten von unseren Besichtigungen und Erlebnissen. Jedes Mal, wenn sie eine Dose Bier öffneten, riefen sie: “Hau weg die Scheiße.” Diesen Trinkspruch haben wir uns angeeignet, doch irgendwie war das Gefühl auf dem kleinen Campingplatz, unweit von Athen, bevor die Sonne langsam im Meer versank, doch etwas anders als in den heimatlichen Gefilden. Es war dort, wo die Freiheit wohl grenzenlos war.
© Waltraud Wohlmuth 2020-08-11