Mein Sommer bei @story.one, online und für das Buch, war eigentlich schon abgeschlossen mit der Story „Der 38er“, die ja B. gewidmet war. Aber es fehlte die Abrundung. Der Kreis war noch nicht komplett gezogen. Meine langjährige Ko-konspiratorin Marion hatte mich darauf gebracht, ja geradezu gestoßen, und ich, der ich sonst nie kleine Erzählungen aufschreibe, fing an, den Sommer in Gegenwart und Vergangenheit niederzuschreiben. Marion ist eine richtige Schriftstellerin, eine Philosophin, und was schreiben anbelangt, vertraue ich ihr. Auch diesen Sommer, der anregt zu fragen, was eigentlich Sommer ist, was Sommer ausmacht. Heiße Tage, heiße Nächte – zumindest am Thermometer – baden gehen, Eis essen? All das hatten wir ja. Sogar einen Pool im Garten, achterförmig von der Aufblasvariante. Jetzt ist der Sommer vorbei und mit ihm die Storys.
Der Sommer war sehr groß. Die teenage Girls waren begeistert, ein Pool direkt vom Zimmer aus, genau wie letztes Jahr auf Thira. Essen im Freien, BBQ, selbstgemachtes Schokolade-Minze Eis.Während die Girls im Pool saßen und wichtige Gespräche über Burschen führten, warf ich mich tagsüber in die Arbeit. Abends dann meistens Kino. Kursosawa, Ozu, Greenaway, Wenders, und natürlich alle sieben Harry Potter und das mehrmals.
Und dann natürlich die langen Spaziergänge mit B. So einen Sommer kann man nicht alleine verbringen. Wenn man schon nicht weit wegfliegen kann, dann soll man doch zumindest ganz nahe sein. So hatten wir diesen Sommer gemeinsam verbracht, auf langen Wanderungen durch die Nachbarschaft und mit tiefen und weniger tiefen Gesprächen. An manchen Tagen war es heiß und wir gingen nicht hinaus, an manchen Tagen war die Luft so ungesund, dass es geradezu verboten war, hinauszugehen. Aber sonst gingen wir meistens. Wir haben gemeinsam viel erlebt und einander erzählt und berichtet. Einige der Geschichten entstanden auf diesen Begehungen. Für den motorisierten Tschickarretierer gab es zuerst das Foto. Der Pickup Truck stand genau so da, und ich „warte kurz, ich mach ein Bild, Dir wird das gefallen“ –„na bin gespannt“, bevor wir weiter gingen. An die Days in Paris erinnerte ich mich, als wir über Jobs während des Studiums sprachen. Die andere Story über meine Ausbildung zum Filmvorführer im Fortuna Kino in Favoriten wurde dann nie. „Es muss immer etwas auf der Leinwand sein, das erwarten die Zuseher. Es heißt ja Lichtspiele und nicht Schattenspiele“. Das ist mir in Erinnerung geblieben. Heute ist alles digital und ganz anders.
1974 hätte mir niemand geglaubt, dass man stundenlang mit Bild und Ton zusammen sein kann. Aber in so einem Sommer geht das. Kein Sand zwischen den Zehen, obwohl bei mir der Pazifik nur eine knappe Stunde mit dem Auto entfernt ist. Dafür ist sie bis Altaussee gekommen, an den See.
Eigentlich sind doch 9667 km gar nicht so eine groĂźe Entfernung, um gemeinsam spazieren zu gehen. In so einem Sommer am Handy.
© Florian Brody 2020-09-30