Hexensabbat. Teil 2

Andreas Killmann

by Andreas Killmann

Story

Warum ich ein Sabbatjahr mache? Das ist eine Geschichte, die ich so erzählen würde: Nehmen wir an, dieser Autor arbeitet in einer Bundesbehörde. Die überwiegende Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier sind – sagen wir mal – Agraringenieure. Agraringenieur ist ein feiner, ein ausgezeichneter Beruf, dass Sie mich da nicht falsch verstehen. Betrachten Sie das als eine unverfängliche Metapher.

Was hat das aber mit diesem Autor zu tun? Nun, nehmen wir an, in der einschlägigen Bundesbehörde werden Beförderungsstellen nur für Agraringenieure ausgeschrieben. Das macht man da schon seit fast hundert Jahren so. Vielleicht liegt es daran, dass auch die Personalverwaltungen in den meisten Bundesbehörden mit Agraringenieuren besetzt sind. Nun kann dieser Autor einräumen, leider kein Agraringenieur zu sein, zumindest kein reinrassiger. Ihm ist lediglich in einer Prüfung (vor einer Bundesbehörde) attestiert, einem Agraringenieur gleich geeignet zu sein. Er kann auch das eine oder andere auf dem Bauernhof erledigen und das hat er in den letzten zwölf Jahren getan, zum Erstaunen vieler Agraringenieure.

Als dieser Autor vor drei Jahren auf einem Posten tätig war, auf dem er die Leitung sechs Monate vertreten hatte, kam die freie Beförderungsstelle nur für Agraringenieure zur Ausschreibung und wurde, dank der Agraringenieure in der Personalabteilung, auch zielsicher mit einer Agraringenieurin besetzt. Diesem Autor dämmerte bereits zu diesem Zeitpunkt, dass ein Festhalten an der Illusion, er könne sich durch Eignung und Leistung hervortun, nicht von Erfolg gekrönt sein würde. Er bewarb sich auf eine andere Stelle ohne Führungsverantwortung in einer anderen Abteilung. Erneut war dort die Leitungsposition zu vertreten. Dieser Autor konnte sich, aus von den Agraringenieuren nicht zu vertretenden Gründen, so wurde ihm versichert, wieder nicht auf die Führungsposition bewerben, die er lange vertreten hatte. Sie wurde mit einem – Sie ahnen es – Agraringenieur besetzt.

Als dieser Autor verstanden hatte, was vor sich ging, war es fast, aber nur fast, zu spät. Im Januar 2019 beantragte er die bereits zitierte Teilzeitregelung. Drei Jahre dreiviertel Gehalt und im vierten Jahr: Sabbatjahr (für ebenfalls dreiviertel Gehalt, was für einen beinahe Agraringenieur aber gut auszuhalten ist). Dieser Autor ist nicht beschämt zuzugeben, dass er sich einen Ausweg gesucht hat, wie jedes Rindvieh, das seinen zuständigen Agraringenieur – sagen wir mal – für einige Zeit satthat. Wofür es gut sein wird, wird sich zeigen. Er wird im fünften Jahr wieder vor seinen Agraringenieur treten müssen und vielleicht wegen dieses Textes weiterhin ohne frisches Stroh – und ohne Perspektive – auskommen müssen. Aber vielleicht, vielleicht gibt es ja auch eine Perspektive, die über den eigenen Kuhstall hinausreicht?

© Andreas Killmann 2024-04-25

Genres
Travel, Spirituality
Moods
Abenteuerlich, Emotional, Inspirierend