Hugo’s und Traudi’s Bücher

Susanne Kraus-Winkler

by Susanne Kraus-Winkler

Story

Man kauft manchmal nicht nur einfach ein Haus, manchmal kauft man auch ein halbes Leben in Bücherform mit einem Haus. So geschehen als wir das Haus von unserem Freund Hugo Portisch in der Toskana kauften. Wir übernahmen auch mehr als 1000 Bücher aus der privaten Bibliothek der Portischs.

Zimmer bis zur Decke mit Bücherregalen und diese voll mit über ein ganzes Leben gesammelten Büchern. Traudi war eine bekannte Kinderbuchautorin und die Toskana ihr Domizil, wo sie schrieb und werkte. Sie hatte sich ganz bestimmt Plätze für ihre Schreibinspirationen geschaffen. Vor dem Schwarzkiefernwald, den sie selber angelegt hatte oder beim ebenso selbst angelegten Froschteich, in dem heute mehr Schlangen leben als Frösche. Ich denke die meisten sind mittlerweile Futter für selbige. Aber auch kleine Plätze unter den Olivenbäumen, vor allem dort, wo man so wunderschön entweder auf die Hügel von Buggiano Castello schauen kann oder runter in Richtung Montecatini und rüber zu den Pisaner Bergen. Die Pisaner Berge sind es nämlich, die den Blick aufs Meer von uns aus versperren, wie uns Hugo immer so trefflich erläuterte.

Während wir also das Haus umbauten, mussten die Bücher in Kisten warten. Im Sommer war es dann soweit, Michael und Max begannen die Bücher zu entstauben und zu sortieren. Was uns faszinierte, war die Vielfalt, mit der wir konfrontiert waren. Natürlich viele Pilzbüchern die beide über Jahre gesammelt hatten, dann viele Koch- und Reisebücher aus aller Welt, aber auch viel Historisches, von Hugo gesammelt, dazu Belletristik und englische Literatur. Traudi war ein sehr spiritueller Mensch, also sortierten wir auch eine ganze Reihe an spiritueller Literatur und welche über diverse Geisterphänomene. Was für mich, die ich immer große Angst vor Geistern hatte, schon mal ziemlich aufregend war. In ein paar hab ich reingelesen, hab es dann aber doch gelassen, denn meine Gefühlswelt gegenüber dem Geisterhaften wurde dadurch nicht gerade gelassener.

Finden tut man auch oft Unerwartetes in Büchern. Wir fanden nämlich nicht nur Notizzettel mit persönlichen Vermerken, sondern Michael fand überraschend auch eine größere Menge an alten Lire. Der Versuch die alten Geldnoten in der Zweigstelle der Notenbank in Florenz einzulösen scheiterte kläglich. Trotz seinem Erscheinen im Bankeranzug, kam Michael nicht weiter als bis zum ersten Schalter, wo man ihm schnell klar machte, daß alte Lire seit 2012 nicht mehr eingewechselt werden. Also musste er unerledigter Dinge wieder von Tannen ziehen und auf das gemeinsame Erfolgsmahl in Florenz haben die Herren dann auch verzichtet.

Jetzt ruhen die vielen Bücher, fein säuberlich sortiert, in den diversen neu geschaffenen Bücherregalen im umgebauten Haus und harren derer, die sie lesen wollen – oder auch nicht, oder vielleicht derer, die uns folgen werden. Wie das so halt ist, mit Büchern, die vieles überdauern.

© Susanne Kraus-Winkler 2020-03-02