Du hattest mir einmal gesagt, dein Leben sei wie ein Zug, in den die Leute einsteigen und aus dem sie auch wieder aussteigen könnten, wenn sie in eine andere Richtung reisen wollten. Aber du hättest mir sagen sollen, dass du manchmal auch die Leute einfach aus dem Zug stoßen würdest, ohne sie vorzuwarnen; dann hätte ich mich darauf vorbereiten können, als du dich dazu entschieden hast, mich nicht mehr in deinem Leben zu wollen, ohne daran zu denken, dass ich ein Mensch bin, keine Zahl auf deiner Liste. Es tut einem Menschen weh, aus einem fahrenden Zug gestoßen zu werden.
Weißt du, dass ich jedes Mal ein dummes kleines Lächeln auf den Lippen hatte, wenn ich eine neue Nachricht von dir gesehen habe?
Du warst keine Zahl für mich, und du hast mich lange glauben lassen, dass ich es ebenso wenig für dich sei.
Weißt du, dass du begonnen hattest, in meinem Kopf zu leben, während ich durch meinen Alltag streifte? Ich redete mit dir, ich konnte deine Stimme und dein Lachen hören, ich konnte die amüsierte Grimasse sehen, die du gezogen hättest, wenn du mich bei irgendeiner Dummheit beobachtet hättest.
Ich hatte den Eindruck, mich im Gleis geirrt zu haben, als du zum letzten Mal mit mir gesprochen hast; ich verstand nichts und ich erkannte dich nicht mehr. Gar nicht mehr.
Weißt du, dass ich mir deine Fingerspitzen auf meiner Haut, deinen ernsten Blick über dem Lächeln, die Worte, die du gegen mein Schlüsselbein flüstertest, ganze Nächte lang vorzustellen versuchte? Alles, um die Augenblicke, die wir gemeinsam verbracht hatten, wieder zu erleben?
Du warst brutal; ich mochte diese Brutalität, aber zuvor war es eine physische Brutalität. Kontrolliert. Gewährt. Ich hatte schon immer gedacht, dass es mir lieber sei, einen äußerlichen Schmerz zu spüren, als mir ein Loch in die Seele schlagen zu lassen. Du hast es mir bewiesen.
Wenn du es wusstest, musst du es bewusst ignoriert haben, denn ich verstehe immer noch nicht, wie du so grausam hast sein können.
Ich wäre gerne in deinem Leben geblieben; du hast mich nicht gelassen.
© Cristina Coellen 2021-07-21