by Berit Glaser
Ok, ich erzähl euch jetzt ein Geheimnis. Der einzige Club auf der Welt, in den ich mal nicht reingekommen bin, ist das Berghain. Es fällt mir schwer, darüber zu reden, weils eben so ganz und gar nicht nachvollziehbar ist. Also ihr kennt mich natürlich kaum, aber schwöre, partytechnisch machts immer Sinn, mich dabeizuhaben und ich finde, das sieht man auch. Außerdem hab ich verstanden, auf was es ankommt bei dieser Sorte Club: Verballert sein aber nicht zu verballert. Scharf aussehen, aber auf keinen Fall gewollt. Und ganz wichtig, grad so im richtigen Maß gelangweilt dreinschauen. Kann ich alles.
Da steh ich also, wenn man so will perfekt vorbereitet, mit meiner Freundin K.J. in der Schlange. Wir kennen uns seit dem Gymnasium und vermutlich liegt genau da das Problem. Jetzt lebt sie zwar schon viele Jahre in Berlin und war natürlich x-Mal im Berghain und überall, eigentlich ist K.J. aber Ur-Tirolerin. Also zumindest, wenn sie sich mit anderen „vu Dahoam“ unterhält. Dabei bin ich aus Innsbruck und von einer Salzburger Mama erzogen worden, sprich, ich kann schon seit jeher „normal“ sprechen. Salzburg Stadt ist nämlich für Österreichisches-Deutsch so ein bissl wie Hannover für Deutschland-Deutsch. Sehr nah an der Schrift, kein greifbarer Dialekt. K.J. dagegen kommt aus einem Dorf und obwohl nur zwanzig Minuten von Innsbrooklyn entfernt, hat ihr Sprech schon in der Schule für Bauchkrampflachen bei uns anderen gesorgt.
„K.J., deklinier mal sein und haben!“
„Ma es seids so lappert! Ok: i bin, du bisch, er-sie-es isch, mia sein, es seids, se hen.
I hu, du hosch, er-sie-es hot, mia hobm, es hobts, se hom“
Was im Pausenhof gut funktioniert hat, eignet sich nicht gar so für die Berghain-Schlange. Vor allem, je weiter man vorrückt. Dabei ist der erste Bouncer im Begriff uns durchzulassen, ich sehs in seinen Augen. Alibihaber wirft er einen Blick über die Schulter zum Haupttürsteher am Eingang. Und dann die Verrücktheit: schüttelt der doch glatt den Kopf! Ich bin völlig fassunglos. Der Bouncer auch, ich sehs in seinen Augen. „Das wirst du bereuen“, sag ich zum Arschloch-Türsteher. Eine völlig lächerliche Drohung, denkt ihr euch jetzt vielleicht zurecht. ABER ihr wart nicht dabei, sonst wärs euch kalt den Rücken runtergelaufen. Leeren Drohungen Leben einhauchen, das kann ich. Dabei bin ich mir eigentlich fast ganz sicher, dass es nicht an mir lag. Schließlich ein offenes Geheimnis, dass die im Berghain nicht mit Touris und vermeintlichen Landeiern feiern wollen.
K.J. ist das alles ein bissl wurscht, klar, die war ja auch schon drin. Also weiter: Zwei Komma Acht Kilometer später stehen wir vor der Rummelsbucht an. „Du hier?“, ruft mir ein Typ von vorn zu und winkt uns euphorisch zum Schlangen-Kopf. Ich so Fragezeichen. Meldet der beinhart, „Ich kenn dich doch ausm Berghain!“ Denkste! Ich erzähl ihm meine Leidensgeschichte. Seine Fassungslosigkeit ist Balsam für meine Seele. „Schwöre, du siehst ORIGINAL aus, als würdest du dort wohnen!“
Sag ich doch.
© Berit Glaser 2022-03-31