Eva zitterte immer noch. Zusätzlich trieb die relative Wärme des Möbelhauses abertausende Nadeln in ihren gefrorenen Körper. Heiße Tränen liefen über ihre Wangen, die der Tod neben ihr sanft fortwischte. Aber Eva wandte ihr Gesicht ab.
“Was kann ich tun?”, fragte der Tod, aber Eva schüttelte den Kopf. Sie flüsterte: “Nichts. Nur ich hätte etwas tun können. Doch ich habe es verabsäumt. Nun zahle ich den Preis.”
“Sind Sie also endlich bereit, sich zu entscheiden?”, grinste der Teufel, erntete dafür aber nur einen bitterbösen Blick aus den dunklen Augen des Todes. Er seufzte theatralisch und riss eine weitere Tür auf: “Vielleicht gefällt Ihnen das ja.”
Eva sah in den Raum, erkannte aber nichts in der Dunkelheit. Sie wandte sich um, wollte nachfragen.
“Genug”, grollte der Teufel und stieß sie in den Raum. Eva stolperte und wäre gefallen, doch stattdessen prallte sie gegen etwas. Gleichzeitig stürmten Eindrücke auf sie ein, die ihr die Sinne raubten.
Dröhnend laute Musik, der abgestandene Geruch verschwitzter Leiber, feuchte Hitze und erdrückende Enge.
Eva war inmitten einer tobenden Party. Die Musik hämmerte auf ihren Verstand ein, sie konnte kaum atmen, die Menschenmenge erdrückte sie.
Sie erstickte. Umgeben von Menschen, nicht mehr allein, dennoch fühlte Eva sich einsamer denn je. Niemand hier bemerkte sie, niemand kümmerte sich um sie. Eva konnte nicht denken, sich nicht bewegen. Sie ging zu Boden, kauerte sich zusammen, machte sich so klein wie möglich.
“Na?”, schrie der Teufel direkt neben ihrem Ohr, dennoch verstand Eva ihn kaum. “Trifft dieser Raum Ihren Geschmack?”
Eva sah auf, direkt in das schadenfrohe Grinsen des Teufels. Er tanzte, feierte mit den Verdammten um sie herum. Niemand bemerkte Eva, selbst als jemand auf ihren Fuß trat. Sie wurde niedergestoßen, ein weiterer Fuß trat schwer und gleichgültig auf ihre Finger, sodass sie Knochen splittern fühlte. Ihre andere Hand, ihr Bauch, ihre Hüfte, ihr Hals. Eva wurde zertrampelt. Sie zitterte, alles schmerzte.
“Genug”, flüsterte sie. “Genug!”
Ein Schrei entrang sich Evas Kehle, ein Schrei der Verzweiflung und des Kampfes. Sie stemmte sich hoch, stieß jeden zur Seite, der in ihrem Weg stand. Sie hatte nur Augen für die Tür, den Ausweg. Keuchend prallte sie gegen die Wand im Flur, stützte sich daran ab. Der Tod stand neben ihr, doch bevor sie etwas sagen konnte, war bereits der Teufel heran. Er atmete schwer und bleckte die Zähne in der Imitation eines Grinsens: “Sie sind eine wirklich schwierige Kundin.”
Eva sah rot.
© Corinna Winter 2023-05-24