In ein paar Jahren Zeit

Du fragst dich, wie es ist, diese Zeilen hier zu schreiben? Ich frage mich, wie es ist, nicht zu sein am Verzweifeln?

Du sprichst davon, nicht zu wissen, wie es ist, seinen Rhythmus zu finden. Ich spreche davon, nicht zu wissen, wo ich kann frische Luft finden.

In ein paar Jahren Zeit… Du willst unbedingt wissen, wie es heute ist, ich werde es dir berichten, obwohl es deine Visionen wohl wird vernichten:

Du liebst die marin-blauen Gewässer und den Sonnenschein, das alleinige Reisen und die Freiheit. Heute ist dies alles ein wenig anders, lass es mir dir beschreiben.

Die Wohnung verlassen darf ich nicht, schon seit einigen Zeiten. Nein, es ist nicht Trotz und auch nicht mehr die Politik, sondern die Gesundheit, die es dir verbietet. Grüne Wälder haben wir nur noch 3-5% auf der Erdoberfläche, unversäuchte Gewässer kenne ich nicht. Den Himmel, den gibt es ausschließlich in zwei Farben, ein tiefes Grau, kurz bevor er bricht und ansonsten ein so schönes rot-gelb Gemisch. Nein, es ist nicht schlimm, es erinnert an den Sonnenauf-/ und Untergang, nur dass ich den schon seit Jahrzehnten nicht mehr wirklich sehen kann. Die Ursache für dieses faszinierende Spektakel ist der Mensch, was auch sonst. Vor einigen Jahren steigerte sich eine Nation zu weit rein, dann hörte man eine kleine Atombombe schreien.

Es ist nicht mehr, wie es war, doch man findet sich zu Recht. Das Ausgehen, das dir so Spaß machte, ist mittlerweile komplett weg. Dafür haben wir Technologien, von denen kannst du nur träumen. Ja, ich kann mein Haus nicht für einen Spaziergang verlassen, aber ich habe dafür sich selbst pflegende Gartenterrassen. Noch viel interessanter ist die Möglichkeit der Mobilität, Autos und Bahnen gehen natürlich nicht mehr, dafür gibt es jetzt, du würdest wohl sagen: “schwebende Untertassen”. Die Neurotos sind wirklich cool, du wirst es nicht glauben. Sie upcyclen die äußere Luft und haben kleine Ärmchen, damit kann man einkaufen gehen und auch die Bekannten nerven. Sie sind Recht süß und es gibt sie in vielen Farben und sie zu bedienen ist idiotensicher. Apropos Idioten, du wirst es nicht verstehen, aber die Menschheit lässt sich ganz schön gehen. Nein, die KI hat nicht die Oberhand gewonnen, doch die Gesellschaft ist dadurch noch mehr verkommen. Kleine Ungereimtheiten arten immer aus in Streitereien. Der Normalo kennt keine Kaffeemühle mehr und auch die Verwendungen eines Schneebesens erscheint ihm zu schwer. Das kleine, geschweige denn große 1×1 hat niemand im Kopf und allgemein bilden wir uns wohl zum Höhlenmenschen zurück. Zivilisation scheint in der Allgemeinheit ein Fremdwort zu sein. Das Wichtigste ist der Eigenprofit, wobei der Mensch nicht einmal seine Familie mehr sieht. So sitze ich alleine nun hier, mit Stift und Papier und hoffe, dass sich in den nächsten paar Jahren der Mensch wieder an die Menschlichkeit wird wagen.