Iran. Über Gast und Freundschaft.

Philipe Reinisch

by Philipe Reinisch

Story

Viel wurde mir im Vorfeld über den Iran berichtet. Über die unbeschreibliche Gastfreundschaft und die unbeschreibliche Freude Fremde im eigenen Land begrüßen zu dürfen.

Mein Tag begann nicht sonderlich angenehm. Bei 41°C flüchtete ich aus Teheran – auf der Suche nach etwas Ruhe von dem hektischen Trubel in dieser Betonwüste, welche die Hitze noch unerträglicher macht.

Speziell an diesem Tag war ich etwas unrund. Und nach über zwei Wochen Aufenthalt sehnte ich mich jetzt nach etwas Natur. Nach grün. Nach Abgeschiedenheit.

Hunderte Kilometer bin ich bereits mit meinem Motorrad herumgeirrt. Auf der Suche nach diesem einen Campingplatz, der besonders beeindruckend sein sollte. Der irgendwo in den Bergen liegt.

Der Weg der mir das Navi zeigte, führte mich aber zu einem ziemlich deftigen Schotterweg. Nachdem ich dort beim Reversieren mein Motorrad ablegte – und die dreihundertfünfzig Kilogramm nur mittels Hilfe von zwei Irani wieder hoch bekam, beschloss ich schweren Herzens kurzerhand wieder in die nächstgelegene Stadt Semnan zurück zu fahren, um dort zu übernachten.

Mittlerweile ist es schon einige Stunden nach Sonnenuntergang und meine Karten zeigt mir keine Campingplätze in der Nähe an. Selbst Hostels gibt es hier keine. Somit versuche ich mein Glück im Hotel Sangesar – dem einzigen Hotel in der Stadt laut meinem GPS. Und dieses mit fünf Sternen.

Hundertzehn Dollar sagte der durchaus freundliche Rezeptionist in seinem minimalen Englisch. Hunderzehn Gründe, die gegen diese Unterkunft sprechen. Ein Betrag, der dem dreifachen meines täglichen Budgets entspricht. Ich versuche ihm zu erklären, dass das für mich nicht möglich ist, was er aber nicht versteht.

Er greift zum Telefon. Redet auf Farsi. Und reicht mir den Hörer.

Am Telefon ist Amir. Und meinte keine Sorge. Ich solle einfach warten.

In der Tat – zehn Minuten später erscheint Amir. Ich erkläre ihm die Situation. Dass ich derzeit mit dem Motorrad Richtung China unterwegs bin. Dass mein tägliches Budget keine großen Sprünge erlaubt. Frage vorsichtig, ob es möglich sei im Garten zu campen. Ob ich eventuell für eine Dusche zahlen könne.

Er geht zum Direktor des Hotels – wie ich gelernt habe, und spricht auf Farsi. Er kommt zurück und meint nur “Kein Problem!” Und ich soll dem Zimmerjungen folgen. Das Abendessen muss ich aber selbst zahlen. Die Unterkunft ist gratis. Er regelt das.

Amir ist Englischlehrer – und nebenbei die rechte Hand eines der reichsten Männer Semnans. Dem auch dieses Hotel gehört. Und morgen holt er mich ab und zeigt mir die Gegend.

Sagte es, schüttelt die Hand und verschwindet.

Was niemand weiß – es ist mein Geburtstag. Welch Überraschung dieser Tag doch bot.

© Philipe Reinisch 2019-04-11

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