Was isst man als Touri in Berlin? Richtig, Currywurst. Daran kommt man nicht vorbei. Gefühlt an jeder Straßenecke grüßen Imbissbuden, die das traditionelle Gericht servieren. Auf Papptellern. Es geht aber auch eine Spur feiner. So stürmt eine kleine Gruppe aus dem fernen Österreich, ein Ehepaar mittleren Alters und ein Mutter-erwachsene-Tochter-Gespann, in ein Gasthaus. Alle nehmen die Currywurst mit scharfer Sauce. Mit extra scharfer Sauce laut Speisekarte. Kurz darauf stehen sie schon am Tisch, die Teller mit der heißen Wurst. Ein Hauch von Curry dringt in mein Näschen. Vielversprechend. Aber better safe than sorry! Ich genehmige mir erst einmal ein kleines Stück Wurst mit wenig Sauce. Die Männer tunken schon etwas mehr ein. Ein Blick in die Runde zeigt: Niemand verzieht eine Miene, keine Schmerzenslaute sind zu hören. Das Urteil: „Ist doch gar nicht so scharf!“ Eigentlich ganz lecker.
Nachher geht es zum Shopping-Bummel. Irgendwie kommt bei mir aber kein Hochgefühl auf. Nicht einmal inmitten der hippsten Klamotten, bei denen ich sonst metaphorische Herzchenaugen bekomme. Irgendetwas stimmt nicht. Ich spüre, wie sich Hitze in meinem Körper ausbreitet. An meinen Händen, über Brust, Hals bis ins Gesicht. Dazu gesellen sich Juckreiz und Völlegefühl. Juckendes Feuer und Ballon-Bauch. „Ich muss mich frisch machen!“ Ich hoffe auf Erleichterung durch den Gang zur Toilette. Leider nein! Schweißausbrüche und Juckreiz werden immer schlimmer. Fast unerträglich. Im Spiegel sehe ich in (m)ein Gesicht, das von roten Punkten übersät ist. Das schaut nicht gut aus! Weder wortwörtlich, noch metaphorisch. „Irgendwie fühle ich mich komisch. Ich glaube, ich muss ins Hotel.“ Meine Mutter begleitet mich netterweise. Die U-Bahn ist nah. Während mein Magen zu rebellieren scheint, checke ich den Fahrt-Plan. „Nur einige Stationen, umsteigen, maximal eine halbe Stunde“, kalkuliere ich. Mittlerweile ist nämlich aus dem mulmigen Gefühl eine spürbare Übelkeit geworden. Kotzen scheint unausweichlich. „Bitte nicht in der U-Bahn!“, flehe ich gedanklich. Dann die Erlösung: Der Alex! Genau, der Alex(anderplatz) und damit bald das Hotel. Nur noch wenige Meter. Die Fußgängerampel zeigt Rot. Das kostet entscheidende Sekunden. Bis zur Straßenecke, an der sich unser Hotel befindet, schaffe ich es noch. Keinen Schritt weiter. Mein Magen zwingt mich, mich hinunterzubeugen. Ich muss mich übergeben. In den Kanal. Meine fast neuen Sneaker bekommen auch etwas hellbraune Kotze ab. Noch vor dem Hotel. Fast mitten am Alex… Wie peinlich! Aber auch unvergesslich! Ein weiterer Schwall ergießt sich in die Hoteltoilette, mit mehr Privatsphäre. Im Zimmer angekommen, geht es unter die Dusche, auch für die Schuhe. Dann Bett, Toilette, wieder Bett. Usw. Scheinbar vertrage ich (leider) Curry(wurst) nicht. (Den anderen ging es gut.)
Berlin ist trotzdem definitiv nicht zum Kotzen. Beim nächsten Besuch passe ich nur besser auf, was ich esse.
© Ursula Rathensteiner 2022-03-30