Jack

Dorian Raphael Kalwach

by Dorian Raphael Kalwach

Story
Raumschiff 2044

“Leider konnte ich sie nie ficken.”, sprach ich und trank meinen Champagner aus. Einige Freunde meines Vaters johlten und ein Roboter verteilte Vodka-Shots. “Keinen Vodka! Ist deine Software auf Idiot programmiert?”, ärgerte ich mich. Alle jauchzten im Chor. “Kurz noch zu Isa. Sie war nicht sein Niveau. Zwar aus einer Arztfamilie, die Mutter Physikerin, aber… sie war uns ein wenig zu links-liberal.”, sagte mein Vater und ich grinste. “Entschuldigen Sie mich?”, sagte ich und stand auf. Die etwa 16 Senioren gossen sich simultan den destillierten Erdäpfelsaft in die Kehle. Ich wischte letzte Kaviarreste von meiner Anzughose und schloss mein Sakko. Der Roboter-Pianist spielte klassische Musik. Ich atmete eine Wolke Zigarrenrauch ein und hustete. Von der Decke hing ein groĂźer Luster, den sie aus Versailles hatten. Unbezahlbare Gemälde aus den wichtigsten Museen hingen an den Wänden. Ich verlieĂź den Saal und war im AuĂźen-Gang angelangt. Seit fĂĽnf Monaten waren wir jetzt schon an Bord.

Ich starrte aus dem Fenster. Wir steuerten an einem dunkelblauen Planeten vorbei. “Neptun.”, erklärte mir eine Dame Mitte 40. “Wie ist es da drin, •Gentlemen Only•, nicht?”, fragte sie mich. Ich schĂĽttelte meinen Kopf und erwiderte: “Exquisit, aber langweilig. Sie verpassen nichts.” Sie schmunzelte und sah mich dann an. “Du bist Johns Sohn, oder?”, fragte sie. Ich nickte. “Muss schlimm sein unter diesen ganzen alten Männern.”, stellte sie fest. “Ach wissen Sie, ich bin das schon von klein an gewöhnt… Und der Alkohol hilft. Darf ich fragen, wer Sie sind?”, fragte ich charmant. Sie erwiderte: “Ich bin bloĂź eine unwichtige groĂźe Schwester. Mein Bruder hat sich wie so viele umgebracht, also hat Maanmö mich gefragt, ob ich mitkommen will…”

Ich blickte sie an. “Was ist eigentlich das Ziel der zehn Schiffe, wenn Sie… die Schwester des Kapitäns sind…”, fragte ich. “Irgendein Exo-Planet…”, erklärte sie. Ich war erstaunt. “Was haben Sie eigentlich Ihrem Personal gesagt? Wir haben einfach gesagt, macht weiter, wir kommen bald wieder. Na klar.”, erzählte ich amĂĽsiert und lachte. Sie lachte nicht mit, was ein Novum fĂĽr mich war. “Ich bin nicht wie ihr. Ich hatte einfach nur GlĂĽck, dass Maanmö mich mitgenommen hat. Sonst wäre ich in zehneinhalb Stunden tot… Vielleicht sieht man sich mal beim Essen…”, erklärte sie und ging.

Ich lief ihr nach und rief: “NatĂĽrlich ist es unfair, dass nur 10.000 gerettet werden, aber wir können nichts dafĂĽr, dass wir GlĂĽck hatten. Museumsdirektoren, die einfach ihre Kunstwerke mitgenommen und verkauft haben, um hier reinzukommen, Politiker, die sich durch ihre Käuflichkeit einen Platz verdient haben, reiche Bonzen und Banker, die ihr Leben lang auf den armen Menschen gelebt haben, Kinder wie ich, die nur das Privileg hatten, in dieses Leben geboren zu sein oder Sie mit Ihrem Bruder… Ist doch egal, warum, aber wir ĂĽberleben! Das ist doch das einige, was zählt, oder?” Sie nickte weinerlich und sah hinter mich. Ich drehte mich um. Die ganze Entourage meines Vaters stand hinter mir.


© Dorian Raphael Kalwach 2023-05-05

Genres
Science Fiction & Fantasy, Anthologies
Moods
Abenteuerlich, Herausfordernd, Emotional, Mysteriös, Reflektierend
Hashtags