Kalle das Chamäleon

Sabine Steinhoff

by Sabine Steinhoff

Story

Kalle lebte in einem großen Tropenhaus im Zoo. Die gefährlichen Tropentiere wie Krokodile, Schlangen oder Mini Nilpferde waren in Gehegen gesichert. Auch die Fische lebten in großen Aquarien. Kalle jedoch hatte es super gut, er konnte in den zwei Etagen des großen Tropenhauses nach Lust und Laune umherklettern. Eine schöne große Abenteuerwelt und das Beste war, dass er als Chamäleon die Farben der Blätter von den Bäumen annehmen konnte. So war er unsichtbar. Am Allerliebsten erschreckte er so die ollen Menschen, die sich neugierig durchs Tropenhaus schoben und die Tiere anstarrten. Kalle hätte gut auf sie verzichten können, denn an vollen Tagen klopften Kinder an die Aquariumscheiben, die schrecklichen Fotoapparate blitzten überall umher und manchmal wurden die armen Bodenvögel sogar gejagt. Er fand das alles furchtbar und ihn machte das richtig wütend, auch wenn er hoch oben in den Bäumen seine Ruhe hatte, weil niemand ihn sehen konnte.

Eines Tages entdeckte Kalle jedoch durch Zufall etwas sehr lustiges. Am Treppenaufgang wuchs ein Ficus Benjamini. Dort setzte er sich rein, um seine schöne grüne Blattfarbe anzunehmen. Ein junger Ast bog sich unter Kalles Gewicht und begann plötzlich auf- und abzuschwingen. Ein herrlicher Spaß. Als er so im Ficus herumwippte, kamen zwei Mädchen die Treppe hinaufgelaufen. Genau im richtigen Augenblick schaukelte er ihnen direkt vor die Augen. Er war so wütend auf sie, dass er laut zu fauchen begann. Die Mädchen fingen vor Schreck an zu schreien und stolperten die Treppe herunter. Eines musste sogar weinen. Kalle kicherte, das war ein Spaß! Ab dem Tag lauerte er oft auf dem Ficus, um weitere Besucher mit seinem unsichtbaren Fauchen zu erschrecken. Auch die Tiere in den Gehegen am Treppenaufgang kringelten sich jedes Mal vor Lachen, wenn Kalle wieder Erfolg hatte. Einmal ließ ein älterer Herr vor lauter Schreck seinen Fotoapparat im hohen Bogen fallen, das fand Kalle besonders lustig. Wild wippend saß er in seinem Ficus Benjamini und spielte den wilden Rächer des Tropenhauses. Eines Tages hörte er wieder Schritte näherkommen und er brachte sich auf seinem Lieblingsast in Position. Kalle war an dem Tag in besonders guter Besucherschreckstimmung und freute sich auf sein erstes Opfer. Er wusste genau, wann er sein Gewicht nach vorne verlagern musste, auch wenn er den Menschen noch nicht sehen konnte. Er hörte die Schritte auf der Treppe und wusste genau: jetzt war es so weit! Er beugte sich vor. Der Ast bog sich herunter. Kalle fauchte los, so laut er konnte. Es hörte sich herrlich gefährlich an, sehr gelungen! Er baumelte direkt vor den Augen eines Zweibeiners herum. Doch dann war er es, der fürchterlich erschrak.

„Kalle, du alter Lümmel! Du erschreckst hier also die Besucher!“, sprach der Tierpfleger Florian ihn lachend an.

Ach Mist! Kalle war sowas von aufgeflogen. Und nun war der Spaß vorbei. Wie die gefährlichen Tiere musste er zu den Besuchszeiten in ein Gehege mit Eduard, dem Kaiman.

© Sabine Steinhoff 2021-08-02

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