Kanamara Matsuri – Penis Festival

Katharina Wlzek

by Katharina Wlzek

Story

Es ist der erste Sonntag im April. Ich sitze in der Schule und schaue dem bunten Treiben neben mir auf der Straße zu. MĂ€nner mit PerĂŒcken sind verkleidet als Frauen und tragen einen riesen Penis durch die Straßen. Junge Frauen und sogar kleine Kinder lutschen zu Ehren des besten StĂŒckes des Mannes an dessen Miniaturpenis aus Zucker. Eine lange Tradition prĂ€gte dieses Fest. Ich kann es nur mit KopfschĂŒtteln beobachten. Ein Fruchbarkeitsfest, bei dem nur der Penis gefeiert wird? Da fehlt doch was. Gerade kommt der Riesenpenis in der schönen Farbe Pink an mir vorbei und ich mache die Augen zu. Ich bin ja nicht prĂŒde oder dergleichen, aber diese Tradition ist doch sehr veraltet und zumal nicht der Penis alleine fĂŒr die Fortpflanzung benötigt wird. Aber wer fragt mich schon? Die Jungs lachen sich natĂŒrlich schlapp und freuen sich, dass ihr bestes StĂŒck gerade durch die Straßen getragen wird. Ein weiterer Penis aus schwarzem Eisen hinterher. Gefolgt von einem Holzpenis. In was fĂŒr einer Welt werden eigentlich Vulven und Vaginas so gefeiert wie Penisse? In dieser Welt wĂŒrde ich gerne leben. Ich habe mal von einer Frau gehört, die Manga-Zeichnerin ist und fĂŒr ihre Kunst angeklagt worden ist, weil sie ihre Vulva zur Schau stellt. Zum GlĂŒck wurde sie von mehreren StaranwĂ€lten und StaranwĂ€ltinnen verteidigt und gewann teilweise vor Gericht. Gebaut hat die Frau auch ein Vulva Boot, mit dem sie jetzt ĂŒbers Wasser schippert. Da frag ich mich nur, warum darf man ĂŒber zwei Meter große Penisse durch die Stadt transportieren, aber seine eigene Vulva nicht als Kunst prĂ€sentieren? Übrigens hatte die KĂŒnstlerin trotz dem Freispruch eine Geldstrafe erhalten. FĂŒr etwas komplett normales, so sollte es zumindest sein.

Ich setze nun also in der Schule und kann mich null auf den Unterricht konzentrieren. Einmal hab ich so einen Penisschlecker probiert. Ein ganz normaler Schlecker, nur in Penisform. Sieht lustig aus, eigentlich. Wenn nicht auf der anderen Seite alles totgeschwiegen werden wĂŒrde. Die Stunde ist zuende, ich packe meine Sachen in meinen Rucksack und verlasse die Klasse. Ein paar Jungs scherzen rum und fragen mich noch, ob ich mir jetzt auch einen Penisschlecker gönne. Ich verneine und ziehe meine Weste ĂŒber die Schultern. Die Kapuze ziehe ich mir tief ins Gesicht. Neuerdings darf ich ja meinen Nacken nicht mehr zeigen als SchĂŒlerin. Zum GlĂŒck ist auch bald wieder Zeit fĂŒr Ososo Matsuri, das Festival, an dem die Vagina gefeiert wird. Eigentlich braucht man beide Feste nicht, aber wenn es die Traditionen so wollen.

© Katharina Wlzek 2022-03-19

Hashtags