Kapitel 1

»Enemies to Lovers, he falls first und noch eine Menge weiterer Tropes findet ihr im neuen Roman von Juna Ray. Ich kann euch das Buch aus ganzem Herzen empf…« Die Tür zum Lesezimmer ging mit einem lauten Quietschen auf. Ich erschrak mich so sehr, dass mein Handy beinahe einen Abgang gemacht hätte. In allerletzter Sekunde konnte ich es noch retten, bevor es unsanft den Boden küsste. »Erschreck mich doch nicht so!«, keuchte ich, drückte mir die Hand samt Handy auf die Brust und sah meinen Freund vorwurfsvoll an.
»Was zum Geier machst du hier bitte?« Mit hochgezogener Augenbraue wanderte sein Blick zu meinem Handy – und wieder zurück in mein Gesicht. Leicht nervös strich ich mir eine meiner blonden Haarsträhnen hinters Ohr, wich seinem Blick aus und tat so, als müsste ich ganz dringend mein Bücherregal neu sortieren. »Ich hab nur ein Video zu einem neuen Buch meiner Lieblingsautorin gedreht«, sagte ich beiläufig.
Irgendwie war ich nervös, was er darüber denken könnte. Ich hatte ihm vorher nie von meiner Idee erzählt, weil ich nicht wusste, ob ich wirklich den Mut hatte, Videos über meine Leidenschaft zu drehen und öffentlich darüber zu sprechen. Dennis war nicht gerade der Typ, der offen für … Neues war. Er war eher der Überzeugung, dass nur eine Anstellung in einer angesehenen Firma eine richtige und vor allem sichere Arbeit sei. »Du drehst Videos? Über Bücher … wo willst du die denn hochladen?«, fragte er kritisch.
»Ähm … auf TikTok und Instagram.« Vorsichtig sah ich über meine Schulter – und was ich sah, ließ mich innerlich kleiner werden. Ein höhnisches Grinsen zog sich über sein Gesicht, als er es sich auf meinem Lesesessel gemütlich machte. Innerlich seufzte ich. Ich hätte es wissen sollen. »Warte, warte, warte. Es reicht jetzt nicht nur, dass du eine halbe Bibliothek zu Hause hast – jetzt machst du auch noch Videos dazu? Ernsthaft?« Langsam wurde ich wütend. Sollte er mich als mein Freund nicht eigentlich unterstützen? Neugierig auf meine Ideen und Wünsche sein? Genervt kniff ich mir mit zwei Fingern an die Nasenwurzel und schloss die Augen. »Richtig, das möchte ich. Und wenn du es genau wissen willst: Ich lade die Videos auf BookTok und Bookstagram hoch.« »Du meinst Instagram und TikTok, oder?«, fragte er noch mal. Mit verschränkten Armen lehnte ich mich an mein Bücherregal und sah ihn mit stechendem Blick an. »Ja, Dennis. Nur gibt es auf Social Media eine eigene Bubble für alle Bookies. Die nennt sich BookTok und Bookstagram. Ganz easy.« Als er meinen enttäuschten Gesichtsausdruck bemerkte, setzte er sich aufrechter hin – sein Grinsen verschwand. Er hob seine Hände zum Zeichen des Friedens.
»Okay, ich verstehe. Wenn es dafür sogar eine eigene Bubble gibt, wird schon was dahinter sein.« Etwas milder gestimmt entspannte ich mich leicht. »Danke«, sagte ich, als er aufstand und mit großen Schritten auf mich zukam. Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und sah mir tief in die Augen. »Wenn es dir Spaß macht, Laura, dann nur zu. Ich bin ehrlich, ich kann mir darunter überhaupt nichts vorstellen aber du wirst schon wissen, was du tust. Aber ich bin gespannt, was die anderen dazu sagen werden. Überleg dir das gut. Stirnrunzelnd blickte ich ihm nach, als er mein Lesezimmer verließ, und dachte über seine letzte Aussage nach.