Die Waldohreule hat das kleine Mädchen viele Tage lang nicht gesehen. Sie macht sich Sorgen und beginnt, das Mädchen zu suchen. Sie findet sie im Garten des Hauses seiner Eltern. Das kleine Mädchen sieht erfreut auf, als sich die Waldohreule auf einen dicken Ast einer großen Kiefer setzt. Der Garten ist von hohen Bäumen umrandet, sodass man nur schwer in den Garten sehen kann. “Wir müssen ein Schwimmbad ausheben”, erklärt sie.”Eigentlich sollen wir alle helfen. Aber meine Geschwister wollen nicht. “Hier gibt es nur Lehmboden. Den kann man nur mit viel Kraft ausheben. Die Erde soll ich dort drüben auf den Wall schaufeln.” “Du arbeitest hier allein?”, fragt die Waldohreule. “Mein Vater kommt um 18.00 Uhr von seiner Arbeit. Dann hilft er mit,” meint sie. “Außerdem bekomme ich Eintrittskarten für das Schwimmbad, wenn ich arbeite. Er hat es fest versprochen. Ich bekomme ansonsten gar nichts geschenkt. Ich habe zum letzten Geburtstag eine Gartenbank geschenkt bekommen. Dafür muss ich sie dann alleine an den Tisch tragen, wenn wir draußen essen. Ich darf nicht mit meinen Geschwistern spielen. Ich bin klüger und etwas älter als meine Geschwister. Meine Eltern haben Angst, dass ich meine Geschwister unterdrücke.” “Hast Du denn schon einmal jemanden unterdrückt?”, fragt die Waldohreule das kleine Mädchen. “Ich weiß es nicht”, sagt das kleine Mädchen, “ich weiß nicht genau, was Unterdrückung ist. Ich weiß mehr als meine Geschwister. Sie möchten nicht, dass ich bei den Spielen dabei bin.” “Ja, das ist ein Problem”, meint die Waldohreule, “Menschen möchten immer besser sein als andere. Sie mögen gerne gewinnen. Die Verliererseite mögen sie nicht. Wenn man zusammenlebt, muss man zusehen, dass jeder etwas Wichtiges beiträgt. Dann verschwinden die Probleme. Aber dies ist nicht Deine Aufgabe. Das müssen Deine Eltern steuern.” Die Eule verabschiedet sich für heute: “Wenn Du magst, komm morgen zu mir in den Wald. Bis dahin weiß ich eine Lösung.” Das kleine Mädchen ist sehr glücklich, dass sich jemand für sie interessiert. In der Nacht träumt sie, dass sie gemeinsam mit der Eule auf Lichtstrahlen fliegt, so wie sie ansonsten mit ihrer Tigerkatze in den Himmeln reitet. Sie freut sich über die Vielfarbigkeit der Strahlen und entspannt tief in ihrem Traum. Am nächsten Morgen hat sie Mut, den neuen Tag gestärkt anzugehen. Wie immer macht sie sich mit dem Fahrrad auf den Weg zur Schule. Sie fährt gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester. Wie so oft bricht das Klapprad ihrer Schwester auseinander. Das kleine Mädchen hebt das Fahrrad auf und hilft ihrer Schwester beim Aufstehen. Dann schraubt sie die Befestigungsmutter fest und nimmt die Schultasche ihrer Schwester auf ihr eigenes Rad. Wie immer tut ihre jüngere Schwester in der Nähe der Schule so, als kenne sie ihre Schwester nicht. Das kleine Mädchen lässt sich die Verletzung nicht anmerken. Sie schließt die Fahrräder am Fahrradständer an. Beide Schwestern gehen in getrennte Klassen. Auf dem Rückweg von der Schule nach Hause wird sie von Klassenkameradinnen ihrer Schwester geärgert. Sie hänseln sie, weil sie ihre Schwester bemuttern würde. Zu Hause kennt ihre Schwester das kleine Mädchen nicht mehr. Die Schwester verbringt den Nachmittag mit dem jüngeren Bruder. Das kleine Mädchen geht in den Garten, um an dem Schwimmbad zu arbeiten. Am Abend will sie die Waldohreule besuchen.
© Annegret Hahn 2025-02-21