Kapitel 11

Emily Nettelbeck

by Emily Nettelbeck

Story

Müller hämmerte mit der Faust gegen die Wohnungstür, sein Herz pochte laut in seiner Brust. Gerade als er zum nächsten Schlag ausholen wollte, schwang die Tür plötzlich auf, und er stolperte beinahe in die Dunkelheit hinein. Die Wohnung lag vor ihm, in ein unheimliches Dämmerlicht getaucht, als hätte jemand alle Lichter ausgeschaltet, um sie in Geheimnisse zu hüllen.

„Winter! Sind Sie hier?“ rief Müller, seine Stimme hallte durch den stillen Flur. Er wartete und lauschte angestrengt, doch außer der Stille drang kein Laut an sein Ohr. Langsam tastete er nach dem Lichtschalter an der Wand neben ihm. Ein schwaches Klicken, und die Deckenlampe flammte auf, hüllte den Raum in grelles Licht.

Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Überall, wohin er blickte, lagen Federn. Große und kleine, braune und weiße, als hätte jemand einen riesigen Vogelschwarm durch die Wohnung gejagt und zurückgelassen. Der Boden war übersät, die Möbel waren bedeckt, Federn schwebten in der Luft und wirbelten umher, als hätte ein unsichtbarer Wind sie aufgewühlt. Es war, als wäre er in ein surrealistisches Gemälde getreten.

„Müller hier!“ brüllte er in sein Telefon, als Panik in seiner Stimme aufstieg. „Winter wurde von diesem Federpsycho entführt! Suchen Sie nach dem Peilsender. Vielleicht ist er noch aktiv!“ Seine Stimme klang rau, verzweifelt, als er das Telefon wieder an seine Seite schlug. Sein Blick wanderte ziellos durch den Raum, suchte nach einem Zeichen, einer Spur, etwas, das ihm sagen konnte, wo sie war. 

Ohne Zeit zu verlieren, stürmte Müller aus der Wohnung, seine Schritte hallten auf dem kalten Flur wider. Er rannte die Treppe hinunter, sprang die letzten Stufen, bevor er die Haustür aufriss und auf die Straße trat. Mit schnellen Schritten erreichte er sein Auto, griff in die Tasche nach seinen Schlüsseln und riss die Tür auf. Während er den Motor startete, verfluchte er sich selbst innerlich. Wieso hatte er sie nur nach Hause geschickt? Wieso war er so dumm gewesen? Er wollte sie doch nur schützen, doch stattdessen hatte er sie direkt in die Hände dieses Wahnsinnigen geführt.

© Emily Nettelbeck 2024-08-26

Genres
Suspense & Horror
Moods
Dunkel