Ich hatte Toni gerade tatsächlich gestanden, dass ich in sie verliebt war…und sie sah mich einfach nur an. So langsam wurde ich nervös: “Kannst du bitte irgendetwas sagen?” Toni sagte zunächst nichts, lächelte dann jedoch. “Ich glaube, wir sollten unsere Burger essen, bevor sie kalt werden”, meinte sie wie beiläufig und ich wäre fast durchgedreht: “Toni!” Sie spannte mich auf die Folter und es machte mich fertig. Schließlich sagte sie lachend: “Schon gut, ist ja gut. Ich kann nicht leugnen, dass ich auch ein gewisses Interesse empfinde… Lass uns erstmal essen, okay?” Ich hasste sie dafür, aber ich stimmte ihr zu und biss in meinen Burger.
Danach hakten wir das Thema erstmal ab und redeten weiter über Gott und die Welt. Ich konnte mit ihr über alles reden, so wie mit niemandem zuvor. Als ich schließlich etwas Lustiges erzählte und ihr Lächeln erneut nicht bis zu ihren Augen reichte, fragte ich: “Toni, ist irgendetwas los?” Sie zögerte. Vermutlich überlegte sie sich irgendeine Ausrede, um mich abzuwimmeln. Aber ich lag falsch, denn sie gestand: “Mein Tag war nicht so super… Die Beziehung zu meinen Eltern ist schwierig, um es noch harmlos auszudrücken. Wir streiten uns häufig und es ist offensichtlich, dass sie meine Schwester mehr lieben als mich, auch wenn sie es natürlich nie zugeben würden. Und außerdem…” Sie verstummte. “Toni, was ist außerdem?”, erneut griff ich nach ihrer Hand. Ich wollte ihr Halt geben und sie griff zu.
Während Toni meine Hand fest drückte, fuhr sie fort: “Außerdem ist mein Vater Alkoholiker und schießt sich jeden Tag die Birne weg. Er ist von Mittags an kaum noch ansprechbar und wird aggressiv. Meistens nur meiner Mutter gegenüber, aber manchmal eben auch mir und meiner Schwester gegenüber… Ich versuche immer, sie zu beschützen, aber…” Ich schluckte. Damit hatte ich nicht gerechnet und es tat mir so unendlich leid für sie. Eine Träne rann über ihre Wange. “Es tut mir so unendlich leid”, flüsterte ich. Toni lachte schwach: “Schon okay, du kannst da ja nichts für. Es ist nur irgendwie nicht richtig, wenn die Tochter Angst vor ihrem eigenen Vater hat, oder?” “Nein, natürlich nicht. Das hast du nicht verdient!”, sagte ich bestimmt und drückte ihre Hand weiter.
Es tat gut, ihre Hand zu halten und sie zu berühren. Auch wenn diese Gedanken jetzt gerade definitiv nicht angebracht waren. Doch ich konnte es nicht ändern, dass ich das enorme Verlangen spürte, sie zu küssen. Natürlich tat ich es nicht. Stattdessen hielt ich weiter ihre Hand und gab ihr Halt, während sie sich so langsam wieder fing. “Entschuldige bitte, ich hatte ganz sicher nicht vor bei unserem zweiten Date zu weinen”, meinte Toni, wobei ihr ein kleines Lächeln über die Lippen huschte. “Das ist doch nicht schlimm! Danke, dass du dich mir anvertraust”, betonte ich dankbar. Es freute mich tatsächlich sehr. “Danke, dass du mir zuhörst”, entgegnete sie und schenkte mir einen Blick, der meinen Wunsch, sie zu küssen, nur bestärkte. Schließlich hatten wir aufgegessen und standen auf, um das Restaurant zu verlassen. Dabei stellte ich fest, dass sie selbstständig nach meiner Hand griff und mein Herz machte einen Satz. Gemeinsam traten wir hinaus auf die Straße.
© Sophie Mielke 2024-09-06