Kleine Bäume werden groß!

“Fred! Die haben die große Platane am Friedhof gefällt!”. Der Held meines Lebens und meiner Geschichten zeigt sich unbeeindruckt. “Platanen gehören nicht auf einen Friedhof! Sie werden zu groß und heben mit ihren Wurzeln die Gräber der Umgebung. Außerdem produzieren sie Unmengen von Laub. Irgendjemand muss das ja wieder wegräumen.”

“Also gar keine Laubbäume auf einem Friedhof?”. Jetzt bin ich enttäuscht. Ich liebe das raschelnde Laub im Herbst, auch am Friedhof. Dort muss ich es, im Gegensatz zu meinem Garten, nämlich nicht wegräumen. Mein Mann, Umweltschützer und Baumliebhaber wie ich, lenkt ein. “Kleinere Bäume wie Hainbuche, Mehlbeere, Eberesche und Feldahorn sind ideal. Wichtig ist auch, dass sie keine Früchte haben, die die Kieswege verunreinigen.

Einmal trumpfe ich noch auf: “Aber am Zentralfriedhof in Wien sind doch auch viele große Bäume. Das ist so schön!”. “Wir sind aber nicht in Wien, gute Frau. Wer große alte Bäume sehen will, findet sie gleich nebenan in unserem schönen Schloßpark. ” Das stimmt. Eins zu null für ihn.

Ich bin kein Friedhofs-Experte, was nicht daran liegt, dass ich Friedhöfe unheimlich oder langweilig finde. Im Gegenteil, ich finde Friedhöfe sehr interessant. Ich studiere gerne die Grabinschriften und sinne über die Bewohner der Gräber und deren Leben nach. Theoretisch. Praktisch gehe ich dann aber doch immer eher zu Freunden auf einen Gespritzten als auf den Friedhof.

Ein bisschen ist mir immer noch leid um die Platane. Große Bäume haben durchaus ihren Reiz. Aber: alles hat seine Zeit. Geboren werden hat seine Zeit und Sterben hat seine Zeit. Wir wollen das halt in unserer hochtechnisierten Zeit nicht mehr wahrhaben. Auch Bäume haben ihren Lebenszyklus. Natürlich war die Platane noch nicht am natürlichen Lebensende angelangt. Aber wenn sie mit ihren Wurzeln die Gräber hebt, dann ist doch die Ruhe unserer Vorfahren wichtiger. Man kann neue Bäume setzen.

Inzwischen gibt es zwar Stimmen, die sagen, die jungen Bäume sind nicht so gut wie die alten, weil sie weniger Sauerstoff produzieren. Natürlich stimmt das. Genauso gut könnte man allerdings argumentieren, dass man keine Kinder mehr bekommen sollte. Erstmal produzieren sie eine Menge Müll mit ihren Windeln oder belasten zumindest die Umwelt mit dem Waschmittel, falls Stoffwindeln verwendet werden. Zudem belasten sie das Sozialsystem, das Bildungssystem und halten noch dazu ihre Eltern teilweise von der Erwerbsarbeit und den damit eingehenden Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung ab.

Zumindest bei den Kindern sehen das die allermeisten Leute ein, dass das Unsinn ist. Warum soll es bei Bäumen anders sein? Was ist so schlimm daran, einen Baum zu fällen? Die Möbelindustrie freut sich, als Nebenprodukt entstehen Sägespäne für die vielen Pellets-Heizungen oder als Einstreu für die Hühner oder auch ganz normales Brennholz für alles, was sich sonst nicht verwerten lässt.