Küchenalzheimer

Andreas Tatowsky

by Andreas Tatowsky

Story
Wien oder so 2025


Sagen wir mal so, meine Kochkünste in Ehren, die habe ich mir stolzer Weise in etwa fünfzigjährigem Studium selbst beigebracht. Dabei habe ich unzählige Kochbücher gelesen, die derweil in meinem Bücherregal als ruhende Meterware ihr Dasein fristen. Dass dabei die Kocherei ihre Eigendynamik entwickelt hat und die Grundrezepte als der eigentliche Wissensschatz ausreichten, um immer wieder neue Speisen zu entwickeln, ist für mich und mein Umfeld somit ein gefundenes Fressen.

Viele dieser Köstlichkeiten entstammen einem Kühlgerät, das sagen wir, einmal halb voll oder halb leer immer wieder Leckereien zu bieten imstande ist, die sich mir geradezu aufdrängen, in ein Mittagessen verwandelt zu werden. Sehen wir mal, was da heute wieder drin ist …

Und keine halbe Stunde später steht das Essen auf dem Tisch und wird mit einem zufriedenem „ja schmeckt eh gut“, was wiederum ein größeres Lob sein könnte, oder einem „des kannst dir merken“, einem fast überschwänglichen Lob entspricht, vom Gegenüber quittiert.

Ich sage dann meistens lapidar „Jo eh, aber des wirst wahrscheinlich so nicht mehr kriegen“. Warum? Na, weil mein eigensinniges Kühlgerät nicht immer die gleichen Zutaten herausrückt, wie ich sie gerne hätte, wenn ich sie bräuchte.

Jetzt denke ich mir, was passiert, wenn ich mir die Zutaten eigentlich gar nicht mehr merken kann? Und was, wenn das Gegenüber sich an den Geschmack vom letzten Mahl nicht mehr erinnern kann? Dann, denke ich mir, wäre es ja egal, es schmeckte vielleicht sowieso immer, wurscht, ob es der Kühlschrank zulässt oder nicht.

Dann spricht man die Sprache der Küchenalzheimer, der eine Kocht toll, der andere isst gut.

Na, Hauptsache beide vergessen nicht, wo das Restaurant zu finden ist.  


© Andreas Tatowsky 2025-06-20

Genres
Food & drink
Moods
Komisch
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