Leben oder Leberkäse

Günter Schütter

by Günter Schütter

Story

Gestern hatte ich einen komischen Traum!

Poidl, Hans und Ferdl saßen wie jeden Abend in ihrem Stammwirtshaus. Ihre Leben waren einfach fad und alle drei waren vom Schicksal gebeutelt. Soziale Medien wurden, obwohl sie über fünfzehntausend Freunde hatten, für sie zu unsozialen Plattformen. Das Leben hat sie zusammengeführt. Einen Postler, einen Beamten und ein Fleischhacker.

Es war nicht viel los in Mistelbach. Und doch hatten sie jeden Tag einen sitzen. Mit den Frauen hatten die Herren abgeschlossen. Acht Scheidungen hatten sie gemeinsam hinter sich. Poidl vier, Ferdl drei und der Hans eine.

Wieder mal in der Welle beschlossen sie etwas außergewöhnliches zu machen. Unternehmerische Tätigkeiten waren ihnen zu kompliziert und auch zu unspektakulär. Weil Poidl seine Arbeit bei der Post so sehr hasste, wollte er diese überfallen und mit dem Geld nach Spanien abhauen. Im Gespräch bemerkten sie aber , dass es in einem Postfilliale nichts mehr zu holen gibt. So kamen sie auf die brilliante Idee, die Fleischhauerei, in der Ferdl beschäftigt war, zu überfallen.

Neben dem Geld waren die drei wohlbeleibten Herren natürlich von den Wurst und Fleischwaren sehr angetan. Sie beschlossen, den nächsten Samstag als Tatzeitpunkt zu wählen, da an diesem Tag der Umsatz immer sehr hoch ist. Die Vorbereitungsarbeiten waren schnell abgeschlossen. Sie besorgten sich feinste Damenstrumpfhosen als Masken und schwarze Spielzeugpistolen als Tatwaffen.

Samstag 11.55 Uhr stürmten sie in die Fleischhauerei. Mit der Lässigkeit von James Dean und der Wendigkeit von rund 130 kg wuchtete sich Poidl zuerst über die Budl und schrie die Kassiererin an: “Deis is a Überfall! Her mit der Marie.” Die Verkäuferin konnte mit dem Wort Marie nichts anfangen: “I haß Petra. Die Marie hat heute frei.” “As Göd sollst hergeben, sunst poschts.” Vor lauter Nervosität konnte die verwirrte Dame aber die Kassa nicht öffnen. Hans und Ferdl stopften sich in der Zwischenzeit Blunzn und kranzlweise die Dürre in ihre schwarzen Sporttaschen. Als Poidl bemerkte, dass kein Geld zu holen war, forderte er die Verkäuferin auf, die zwei letzten Ziegel Leberkäse in seine Tasche zu packen. Die Verkäuferin schnappte sich geistesgegenwärtig einen Ziegel Leberkäse und schrie: “Nur über meine Leiche. Das ist feinste Handarbeit.”

Daraufhin verlor Poidl fast die Nerven. Er drückte die Plastikpistole an die Schläfe der mutigen Dame und schrie: “Leben oder Leberkas”. In diesem Augenblick fuhr ein Blitz durch seinen Körper. Er sah in die schönsten blauen Augen, die er jemals gesehen hatte.

“Es tuat ma so lad, aber du bist so wunderschön. Gib mir den Leberkäse und deine Telefonnummer.” Mit zittriger Hand schrieb Karina ihre Telefonnummer auf einen Zettel und überreichte diesen Poidl.

Der sammelte den Rest der Beute auf und verließ mit den Worten: “I meld mi” die Fleischhauerei. Der Fluchtwagen stand bereit. War es der Beginn einer großen Liebe?

© Günter Schütter 2020-06-20

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