Libanon 2009 Im Zedernwald

Petra Somberg-Romanski

by Petra Somberg-Romanski

Story

Von Beirut aus ging unsere Reise per Bus in den Norden des Landes nach Tripolis und Byblos, einer der ältesten Städte der Welt aus phönizischer Zeit. Unser eigentliches Ziel war aber der letzte Zedernwald des Libanon. Die Zeder istein starkes Symbol des Libanon und in der Landesflaggegewürdigt. Das Holz der Libanon Zeder war bereits in der Antike ein gefragtes Handelsgut. Besonders die Ägypter benötigten viel davon für ihre Paläste und Tempelbauten und für den Schiffsbau.Heute sind die echten Zedernwälder so gut wie verschwunden. Nur im Norden des Libanon Gebirges gibt es noch eine paar dieser wertvollen, alten Bäume. In der Nähe eines Wintersportortes der „The Cedars“ heißt, findet man einen Park, dort können die letzten Zedern “besichtigt”werden. Für mich war der Besuch bei den, mit einer leichten Schneedecke bedeckten, letzten majestätischen, alten Bäumen, ein bisschen wehmütig. Ein Skilift führte hoch zu den Hotels und Skipisten des Berges al-Qurnat as-Sauda – Schwarzes Horn, der mit 3088m der höchste Berg des Libanon ist.

Wir blieben zwei Tage und wohnten in einem Hotel, das auf dem Bergrücken des Libanongebirges lag und gänzlich auf Skifahrer eingestellt war. Ein bisschen SchweizerFeeling. Ich hatte ein sehr schönes Zimmer und einen großen Balkon mit Blick auf den gegenüberliegenden Bergrücken des Antilibanon Gebirges. Das Tal der Bekaa Ebene trennt die Gebirgszüge. Es war im April noch kalt und frostig. Gut eingepackt und mit heißem Tee ließ es sich aber auf dem vor dem Wind geschützten Balkon gut aushalten und über die kleinen Dörfer der grünen, fruchtbaren Umgebung blicken. Die weißengestrichen Häuser und mit ihren roten Dächern konnten so auch im Schwarzwald stehen.

Jedes Dorf hatte eine Kirche mit einem spitzen Kirchturm und der Wind wehte Glockengeläut zu mir herüber. Der Norden des Libanon ist christlich geprägtes, maronitisches Gebiet. Ich hatte eine kleine Weile so da gesessen, als in der Ferne aus südlicher Richtung ein Lindwurm aus dichtem Nebel über den Bergkamm bergab floss und das Bekaa Tal völlig ausfüllte. Auf eine unheimliche Weise konnte er aber die Bergkämme nicht überschreiten. Ganz langsam schob sich dieser Nebel durch das Tal. Dieses Naturschauspiel dauerte zwei Stunden. Dann hatte der Nebel mich auch auf meinem Balkon erreicht und mit einer dicken Suppe umhüllt und unsichtbar werden lassen. Der Nebel war so undurchdringlich wie weiße Zuckerwatte, ließ aber alle Geräusche, Rufe und Glockengeläut unvermittelt nah und laut erscheinen. Ich war in dieser Wolke zwischen Himmel und Erde eingehüllt bis die Nebelwelle, so heißt dieses Wetterphänomen, weitergezogen war.

© Petra Somberg-Romanski 2021-03-28